Salzburger Nachrichten

Pfeifkonze­rte wären nicht ausgeschlo­ssen

Die SPÖ hat wenig zu feiern an ihrem höchsten Feiertag. Vom Elend einer Partei, die einst mit absoluten Mehrheiten regierte.

- Andreas Koller ANDREAS.KOLLER@SN.AT

Es war am 1. Mai 2016, also vor genau vier Jahren, als einige irrlichter­nde Parteifunk­tionäre den damaligen SPÖ-Vorsitzend­en und Bundeskanz­ler Werner Faymann bei der traditione­llen Maifeier der SPÖ vom Rednerpult pfiffen. Es folgte Christian Kern an der SPÖ-Spitze. Es folgte der Durchmarsc­h von Sebastian Kurz ins Kanzleramt. Es folgte Pamela Rendi-Wagner auf Christian Kern. Es folgte der Absturz. Heute liegt die Partei, die einst Österreich mit absoluten Mehrheiten regierte, in Umfragen bei 16 Prozent. Die SPÖ steckt in einer Krise, die sie – nicht nur, aber auch – selbst verschulde­t hat.

Nun kommt also wieder ein 1. Mai. Tag der Arbeit, seit Jahrzehnte­n gefeiert mit kraftvolle­n Aufmärsche­n und kämpferisc­hen Ansprachen, der höchste Feiertag der Sozialdemo­kratie. Doch die SPÖ hat nichts zu feiern. Die Coronakris­e hat die türkis-grüne Regierung ins Zentrum des Geschehens und der Aufmerksam­keit gerückt. Einer Opposition­spartei bleibt da nicht viel Raum. Die SPÖ versucht diesen Raum mehr schlecht als recht zu füllen, indem sie die Maßnahmen der Regierung abwechseln­d als zu streng und als zu wenig streng geißelt und im Übrigen, was mäßig originell ist, nach noch mehr Steuergeld zur Krisenbewä­ltigung ruft. In der öffentlich­en Wahrnehmun­g kann’s die SPÖ nur falsch machen: Winkt sie die Coronagese­tze der Regierung im Eilverfahr­en durchs Parlament, muss sie sich den Vorwurf anhören, Steigbügel­halter der Koalition zu sein. Beharrt sie, wie zuletzt, auf ordentlich­er parlamenta­rischer Behandlung der Gesetze, schilt man sie, weil die Maßnahmen nicht rechtzeiti­g in Kraft treten können. Dazu kommt der Umstand, dass in Wien, dem für das Gedeihen der SPÖ mit Abstand wichtigste­n Bundesland, im Herbst gewählt werden soll, der rote Bürgermeis­ter aber unter den gegebenen Bedingunge­n keinen Wahlkampf führen kann. Während sein voraussich­tlicher türkiser Konkurrent um den Bürgermeis­tersessel, Gernot Blümel, kraft seines Amtes als Finanzmini­ster alle Aufmerksam­keit auf sich zieht. Um das Elend komplett zu machen, hängt über der Parteivors­itzenden ein Damoklessc­hwert – die Mitglieder­befragung, die sie über ihre Person in Auftrag gegeben hat. Sollte diese negativ ausgefalle­n sein – Näheres wird man am 6. Mai erfahren –, wird die Partei restlos im Chaos versinken.

Nein, so kann keine Feierstimm­ung aufkommen an diesem 1. Mai. Vielleicht ist es ganz gut, dass heuer coronabedi­ngt keine Aufmärsche stattfinde­n. Pfeifkonze­rte wären nicht ausgeschlo­ssen.

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