30.000 Anzeigen stehen auf dem Prüfstand
Dass die Politik Teile der Verordnungen ungenau kommunizierte, spielt dabei keine Rolle.
Die Pool-Party mehrerer steirischer Unternehmer während der Coronaausgangsbeschränkungen dürfte ohne Folgen bleiben. Was deren Anwalt Franz Unterasinger bereits vergangene Woche in den SN sagte, ist inzwischen österreichweit Gesprächsstoff. Manche Maßnahmen gegen die Coronapandemie sind von der Regierung unklar kommuniziert worden und nicht vollständig durch die erlassenen Verordnungen gedeckt. So habe es, wie inzwischen auch das Gesundheitsministerium bestätigt, nie ein Verbot von privaten Besuchen gegeben. Die Verordnung der Regierung habe sich immer nur auf den öffentlichen Raum bezogen. Falls seine Klienten aufgrund der
Coronaverordnung angezeigt worden seien, werde das Verfahren wohl eingestellt, sagte der Rechtsanwalt. Die steirischen Unternehmer sind aber nicht die Einzigen, die Unterasinger vertritt. Er habe auch etliche Klienten, die von der Polizei angezeigt worden seien, weil sie angeblich im öffentlichen Raum mit jemand anderem als einem Familienmitglied unterwegs gewesen seien. „Hier wurde oft nicht wirklich ermittelt“, sagt er. Manche Leute hätten sich einfach beim Spazierengehen auf der Straße getroffen, hätten ein paar Worte gewechselt und seien angezeigt worden. Auch die Höhe der Strafen sei zum Teil unverhältnismäßig. „Jemanden bei einem Monatsgehalt von etwas mehr als 1000 Euro 500 oder 600 Euro Strafe zu geben ist unangemessen“, sagt der Anwalt.
Bei all dem ist aber auch klar, dass die zuständigen Strafbehörden in den Bezirkshauptmannschaften bei ihren Entscheidungen nicht auf die Aussagen der Politiker abstellen können, sondern nur auf den schriftlichen Text der Vorordnung. Was darin steht, das gilt. Zumindest so lang, bis die Berufungsgerichte (Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht) die Entscheidungen überprüft haben und es eine einheitliche Rechtsprechung gibt.
Immerhin geht es um mehr als 30.000 Anzeigen, die die Polizei in den vergangenen Wochen gemacht hat. Die meisten übrigens, weil die Mindestabstände, wie sie in den Verordnungen festgeschrieben sind, nicht eingehalten wurden. Die Polizisten sind über das Innenministerium instruiert worden, wie sie in Zweifelsfällen vorzugehen haben. Gesundheitsminister Rudolf Anschober sagte: „Es ist ganz klar, es hat Ausgangsbeschränkungen gegeben mit klaren Ausnahmen. Der Besuch von Freunden war keine Ausnahme. Formalrechtlich war dies aber nicht extra verboten und wurde daher auch nicht bestraft, weil im privaten Bereich nicht kontrolliert wird und daher nur Empfehlungen gegeben werden können.“Innenminister Karl Nehammer wiederum sagt, dass die von der Polizei durchgeführten Amtshandlungen zur Auflösung von „Coronapartys“nicht wegen der Ausgangsbeschränkungen durchgeführt wurden, sondern wegen anderer Vorwürfe: „Grundlage war die Lärmbelästigung.“