Einer der reichsten Norweger wegen Mordverdachts verhaftet
Dramatische Wende in einem ohnehin spektakulären Fall: 18 Monate nach dem Verschwinden einer norwegischen Millionärsfrau steht nun ihr Ehemann unter Verdacht.
Er ist einer der reichsten und mächtigsten Männer Norwegens. Dienstag früh wurde Tom Hagen auf dem Weg zur Arbeit wegen Mordverdachts oder Beihilfe zum Mord an seiner Ehefrau verhaftet. Der 70-Jährige wirkte gelassen. Die Festnahme geschah laut Polizei ohne jegliche Dramatik.
Ausgerechnet an Halloween, dem 31. Oktober 2018, verschwand die damals 68-jährige Anne-Elisabeth Hagen von ihrem Anwesen am norwegischen See Langvannet, 20 Kilometer östlich der Hauptstadt Oslo. In der Villa hinterließ jemand einen Erpresserbrief in brüchigem Norwegisch. In dem wurde eine Lösesumme von neun Millionen Euro für die dreifache Mutter gefordert. Die sollte über das Internet in einer Kryptowährung anonym ausgezahlt werden. Lang tappte die Polizei im Dunklen.
18 Monate lang blieb das letzte Lebenszeichen der damals 68-jährigen Millionärsgattin ein Telefonat mit einem Familienmitglied kurz vor ihrem Verschwinden. Am Dienstag meldete die norwegische Polizei, dass es anscheinend keine Erpressung gab. Der Erpresserbrief sei vermutlich fingiert gewesen.
Es sei unwahrscheinlich, dass der Ehemann den Mord allein begangen habe, hieß es. „Wir schließen weitere Festnahmen nicht aus“, erklärte Polizeisprecherin Åse Kjustad Eriksson. Die Tat sei professionell geplant und durchgeführt worden. Zeitgleich wurden am Dienstag der Arbeitsplatz von Tom Hagen und seine Häuser von der Polizei nach möglichen Beweisen durchsucht. Doch warum sollte ein Millionär seine 68-jährige Gattin, mit der er fast ein ganzes Leben zusammen war, ermorden wollen? Laut
Polizei gibt es ein Motiv, Details wollte man aber nicht nennen. Die Ermittler äußerten sich auch nicht dazu, welche Spuren nach 18 Monaten zum Ehemann geführt hatten. Die Zeitung „Verdens Gang“berichtete, Anne-Elisabeth Hagen habe mehreren Personen erzählt, dass sie über Jahre in einer turbulenten Ehe gelebt habe. Dem Bericht nach soll die Polizei Anzeichen dafür gefunden haben, dass sie die Ehe beenden wollte.
Hagen wies indessen die Schuld über seinen Anwalt Svein Holden von sich. „Er hält nachdrücklich daran fest, dass er damit nichts zu tun hat“, sagte Holden zu Reportern. Die Leiche der 68-Jährigen sei aber weiterhin unauffindbar, erklärte die Polizei. Zahlreiche Suchaktionen etwa im See vor ihrem Haus verliefen ohne Erfolg.
Mittwochabend stand fest: Tom Hagen kommt für vier Wochen in Untersuchungshaft. Das entschied das Bezirksgericht Nedre Romerike in Lillestrøm bei Oslo nach einer stundenlangen Verhandlung. Das Gericht begründete den Beschluss mit der Gefahr, dass der Festgenommene Beweise vernichten könnte. Damit folgte es einem Antrag der Polizei und wies zugleich darauf hin, dass es als wahrscheinlich betrachtet werde, dass es mehrere Beteiligte in dem Fall gebe. Die ersten beiden Wochen wird der 70-Jährige dem Gerichtsentschluss zufolge in vollständiger Isolation verbringen müssen. Tom Hagen zählt seit Jahren zu den 200 reichsten Menschen Norwegens. Sein Vermögen, das er vor allem mit Stromverkauf und Immobilien gemacht hat, soll im vergangenen Jahr umgerechnet etwa 170 Millionen Euro betragen haben.
Polizei geht von weiteren Festnahmen aus