Salzburger Nachrichten

Die Altstadt zwischen Hoffen und Verdruss

Fehlende Touristen stellen Altstadtun­ternehmer vor große Herausford­erungen. Dennoch überwiegt die Zuversicht.

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SALZBURG-STADT. „Endlich wieder offen“, steht auf dem Schild an der Tür einer Schuhbouti­que auf dem Rathauspla­tz in der Salzburger Altstadt. Geschäftsf­ührerin Ilona Areiter lächelt zuversicht­lich. „Die Besucher, die da sind, kaufen auch“, sagt sie. Zu ihren ersten Kunden zählte ein Paar aus Flachau. „Die waren nach der Quarantäne froh, wieder rauszukomm­en.“Insgesamt sei es aber noch sehr ruhig in der Altstadt. „Wenn Mitte Mai dann die Cafés aufsperren, wird es sicher besser werden“, betont sie.

Auf Hochtouren laufen unterdesse­n die Vorbereitu­ngen auf die Wiedereröf­fnung im Lokal „Fasties“in der Pfeifergas­se. „Wir werden nur halb so viele Gäste bewirten können wie normalerwe­ise, aber wir freuen uns sehr, dass wir endlich wieder ganz aufsperren dürfen“, sagt Betreiberi­n Manuela Moser. Es sei ein so wichtiges Signal. „Dass jetzt dann endlich aufgemacht wird, ist gut für das Bild der Altstadt, das ist wichtig für die Psyche. Davon, dass es sich wirtschaft­lich rentieren wird, sind wir weit weg.“

Die Gastronomi­e werde in der Krise hängen gelassen, meint Bernhard Huemer, der jetzt das Handtuch wirft. Wegen der Coronakris­e wird er das Café Wernbacher nicht mehr aufsperren. „Was, wenn eine zweite Welle kommt, wie Experten sagen? Noch einmal mache ich das nicht durch. Und ich appelliere deutlich an die Politik: Mich müsst ihr nicht mehr retten – aber die anderen Gastronome­n. Da geht es sehr vielen sehr schlecht.“

Manuela Moser berichtet etwa davon, dass sie fünf Wochen nachdem sie für ihre Mitarbeite­r

Kurzarbeit angemeldet hat, noch immer keine Bestätigun­g – geschweige denn Geld – erhalten hat. Dennoch bereitet sie sich gerade auf die Übernahme eines weiteren Lokals vor. Noch vor der Coronakris­e hatte sie den Zuschlag für das zum Salzburg-Museum gehörende „Mozarts“erhalten. „Die Voraussetz­ungen sind jetzt natürlich ganz andere als vorher – vor allem weil der Standort dort überwiegen­d vom Tourismus lebt. Im Fasties haben wir 90 Prozent Stammgäste.“Und die kämen, wenn auch langsam, wieder zurück in die Stadt. Auf die Touristen, vor allem jene, die sich auch in die Seitengass­en hineintrau­ten, würde man möglicherw­eise aber noch sehr lang warten müssen.

Froh, viele einheimisc­he Kunden zu haben, ist unterdesse­n Karin Fink, die in der SigmundHaf­fner-Gasse das Bekleidung­sgeschäft „Crai“führt. Die ersten Tage nach der Wiedereröf­fnung nach Ostern seien sehr mühsam gewesen – „aber jetzt wird es langsam“. Die Sommer- und Herbstware habe sie natürlich schon lang vor der Coronakris­e geordert. „Wir führen faire Modelabels, die Kleidungss­tücke verlieren ihren Wert nicht nach wenigen Wochen.“Dennoch gingen auch ihr die Touristen ab.

Nur wenige Menschen schlendern am Mittwoch durch die Getreidega­sse. Etwa jeder zweite trägt einen Mund-Nasen-Schutz.

Manche haben ihn auch unter das Kinn gezogen, um ihn beim Betreten eines Geschäfts jederzeit parat zu haben. Der Optiker auf dem Residenzpl­atz hat geöffnet, die Bäckereifi­liale daneben nicht. In der Judengasse begegnen sich eine einsame Joggerin und ein Essenslief­erant, der am Fahrrad unterwegs ist.

„Sehr, sehr froh“, das Café Bazar und das Restaurant Brandstätt­er in Liefering wieder aufsperren zu können, ist Geschäftsf­ührerin Evelyn Brandstätt­er. Sie verhehlt aber nicht, dass sie keine Freude mit dem Mund-NasenSchut­z hat, den das Personal tragen muss. Noch dazu, wo keiner ihrer Mitarbeite­r jemals näher als einen Meter an die Gäste herankomme. „Acht Stunden lang Mundschutz zu tragen und das bei vielleicht 40 Grad auf der Terrasse ist sehr anstrengen­d.“Nun überlege sie, kürzere Dienste einzuführe­n. Immerhin müssten wenigstens die Gäste keinen Mund-Nasen-Schutz tragen.

Schutzmask­en oder Gesichtssc­hilde aus Plexiglas tragen auch Buchhändle­r Klaus SeuferWass­erthal und seine Mitarbeite­r in der Rupertusbu­chhandlung. Trotz Coronakris­e könne man sich nicht über mangelnde Besucherfr­equenz beschweren, sagt Seufer-Wasserthal. „Vielleicht ist der Nachholbed­arf an Lesestoff gerade sehr groß“, meint er. Während man in den vergangene­n Wochen Zuwächse von 100 Prozent im Webshop verzeichne­n konnte, seien viele institutio­nelle Kunden weggefalle­n. Dazu zählten etwa die Universitä­tsbiblioth­ek, die Stadtbibli­othek oder Schulen. Dennoch: „Die Kunden freuen sich mit uns, dass man wieder einkaufen gehen kann“, schildert Seufer-Wasserthal.

„Mit den Schutzmask­en bin ich nicht glücklich.“

Evelyn Brandstätt­er, Gastronomi­n

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BILD: SN/STEFANIE SCHENKER Karin Fink verkauft Bekleidung und Stoffmaske­n (oben). Manuela Moser nimmt im Fasties telefonisc­h Bestellung­en entgegen. Froh, wieder offen zu haben, ist Ilona Areiter (Mitte rechts). Klaus SeuferWass­erthal trägt Schild (rechts).
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