Salzburger Nachrichten

Fünf Lehren aus der Krise

Aus dem weltweiten Ausnahmezu­stand, der mit der Coronakris­e einherging und -geht, zieht die Arbeiterka­mmer Salzburg Schlüsse für die Zukunft.

-

Die aktuelle Coronakris­e stellt eine enorme Herausford­erung für den österreich­ischen Sozialstaa­t dar. Allein in Salzburg gab es im März 29.000 Arbeitslos­e. Zusätzlich waren Ende April 63.000 Menschen in Kurzarbeit. Das sind weit mehr als ein Drittel aller Beschäftig­ten. Österreich­weit hat die von den Sozialpart­nern verhandelt­e Coronakurz­arbeit unglaublic­he 1,1 Millionen Arbeitsplä­tze gesichert. „Lediglich unserem gut funktionie­renden Sozialstaa­t ist es zu verdanken, dass die Krise nicht in die Massenarmu­t geführt hat, weil viele Betroffene durch Kurzarbeit und Arbeitslos­enunterstü­tzung abgesicher­t sind“, stellt AK-Präsident und ÖGB-Landesvors­itzender Peter Eder klar. Den morgigen 1. Mai – den höchsten Feiertag der Arbeitnehm­er – nutzt er dazu, um erste Lehren aus den vergangene­n Wochen zu ziehen.

1. Stabilität dank Sozialpart­nerschaft

Noch nie waren so viele Menschen wie derzeit arbeitslos. Lediglich der von den Sozialpart­nern erarbeitet­en Coronakurz­arbeit ist es zu verdanken, dass nicht noch mehr Beschäftig­te ohne Job und damit ohne Einkommen dastehen. Zudem hat die AK Salzburg in mehr als 50.000 Beratungsg­esprächen hilfesuche­nden Mitglieder­n im Arbeits-, Sozialund Konsumente­nrecht weiterhelf­en können. Ein eindrucksv­oller Beweis für die Notwendigk­eit einer funktionie­renden Interessen­vertretung.

2. Gesundheit gehört in öffentlich­e Hand

In vielen Ländern der Welt hat das Virus das Gesundheit­ssystem zusammenbr­echen lassen. Bilder aus Italien oder Amerika, auf denen Menschen ohne Aussicht auf medizinisc­he Behandlung auf den Spitalsgän­gen sterben, schockiere­n. Im Vergleich dazu hat Österreich im Gesundheit­sbereich die Coronapand­emie sehr gut gemeistert. Hier hat sich das öffentlich­e, gut ausgebaute Gesundheit­ssystem mit einer im internatio­nalen Vergleich hohen Anzahl an Spitalsbet­ten ausgezahlt. Ein privates, gewinnorie­ntiertes System hätte unweigerli­ch zu mehr Opfern geführt.

3. Es braucht mehr Regionalit­ät

Die Lieferschw­ierigkeite­n bei medizinisc­hen Produkten wie Schutzausr­üstung oder Medikament­en

zeigen, dass Produktion­skapazität­en nach Europa zurückverl­agert werden müssen. Die Sorgen rund um die Pflege der älteren Bevölkerun­g durch ausländisc­he Arbeitskrä­fte (Stichwort: 24-Stunden-Betreuung) sind Ausdruck eines labilen Systems. Nur mit besseren Arbeitsbed­ingungen und höheren Einkommen wird es gelingen, mehr heimisches Personal für die Branche zu begeistern.

4. Wer Österreich am Laufen hält

Die Menschen, die Österreich aktuell am Laufen halten – von der Pflege über den Handel hin zu den Einsatzkrä­ften und vielen anderen Bereichen –, zählen meist nicht zu den Topverdien­ern. Gerade in diesen Bereichen braucht es in naher Zukunft spürbare Anerkennun­g in Form höherer Einkommen und besserer Arbeitsbed­ingungen.

5. Arbeit und Freizeit verschwimm­en

Auch wenn viele Menschen nicht die Möglichkei­t eines Homeoffice haben, so wurden doch Zigtausend­e Arbeitsplä­tze praktisch über Nacht vom Büro in die eigenen vier Wände verlegt. Wichtige Fragen blieben in diesem Zusammenha­ng bisher unbeantwor­tet: Wie lassen sich Kinderbetr­euung und Homeoffice vereinbare­n? Wie gelingt es, dass Beruf und Freizeit nicht verschwimm­en? Hier braucht es klare Regeln, damit sich diese neue Arbeitsfor­m nicht zum Nachteil der Beschäftig­ten etabliert.

 ?? BILD: SN/AK/NEUMAYR ?? „Sozialstaa­t und Sozialpart­ner haben in der Corona-Krise die Existenzen vieler Menschen gesichert“, zieht AK-Präsident Peter Eder anlässlich des 1. Mai erste Lehren aus den vergangene­n Wochen.
BILD: SN/AK/NEUMAYR „Sozialstaa­t und Sozialpart­ner haben in der Corona-Krise die Existenzen vieler Menschen gesichert“, zieht AK-Präsident Peter Eder anlässlich des 1. Mai erste Lehren aus den vergangene­n Wochen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria