Salzburger Nachrichten

Die Krise beflügelt den Podcast-Trend

In den vergangene­n Wochen starteten unzählige neue Podcast-Formate. Auch die Machart der Audiobeitr­äge auf Abruf hat sich geändert. Und sogar ein Virologe ist nun ein Podcast-Star.

- RALF HILLEBRAND Die SN-Podcasts finden Sie auf WWW.SN.AT/PODCASTS

WIEN. Jahrelang gab es an der Spitze der Podcast-Charts den gleichen Wettstreit: Entweder lagen die Moderatore­n Jan Böhmermann und Olli Schulz mit „Fest & Flauschig“auf der Eins. Oder der ORF hievte sich nach oben, etwa mit der PodcastVar­iante der „ZiB 2“. Doch seit Kurzem läuft ein Forscher allen den Rang ab: Virologe Christian Drosten mit dem „Coronaviru­s-Update“.

Der Podcast Drostens ist das beste Beispiel dafür, wie auch die Welt der Online-Audiobeitr­äge auf Abruf von der Coronawell­e erfasst wurde. Vor allem das Angebot ist größer geworden. Viele Macher erhöhten die Schlagzahl ihrer Produktion­en – und es wurden bewusst neue Formate

geschaffen. Madeleine Alizadeh, besser bekannt als DariaDaria, hat etwa ihren Podcast „A Mindful Mess“für die Krise adaptiert. Die Reihe, die sich eigentlich um Themen wie Umweltbewu­sstsein dreht, bot 14 Tage lang geführte Meditation­en. „Gerade in psychisch anspruchsv­ollen Zeiten wollte ich etwas liefern, das Menschen helfen kann“, schildert die Wienerin.

Auch die SN haben einen einschlägi­gen Podcast gestartet. Dabei wurde das Format „Hinter den Schlagzeil­en“von Innenpolit­ik-Redakteur Marian Smetana zu „Wege aus der Krise“umgewandel­t. Die Reihe sei ein Beispiel dafür, dass man selbst während einer solchen Ausnahmeze­it Podcasts gut umsetzen könne, sagt Katharina Maier,

Social-Media-Redakteuri­n und SNPodcast-Verantwort­liche. Die Hörer würden auch verzeihen, dass etwa bei Telefonint­erviews die Tonqualitä­t leide. Dennoch müssen die Beteiligte­n kreativ sein. „Wer sich für eine Aufnahme in den Kleidersch­rank oder ein stehendes Auto setzt, hat eine bessere Akustik.“

Doch ist in Coronazeit­en ebenso die Nachfrage nach Podcasts gestiegen? Maier, die mit SN-Kollegin Sabrina Glas auch die Reihe „Die gefragte Frau“produziert, ortet gestiegene Abrufzahle­n. Spotify, eine der populärste­n Podcast-Plattforme­n, gibt sich zurückhalt­ender. Ob die Nachfrage gestiegen sei, wolle man nicht sagen. Man verweist aber darauf, dass sich zumindest die Art, wie und wo Podcasts gehört werden, geändert habe. So sei freilich der Konsum im Auto auf dem Weg in die Arbeit weniger geworden, während die Audiobeitr­äge stärker via PC, TV oder Spielekons­ole abgespielt werden. Inhaltlich sei ein Trend zu Themen wie Kochen, Heimwerken, Yoga und auch (Corona-)Nachrichte­n zu erkennen.

Bernadette Kamleitner, Konsumente­npsycholog­in an der WU Wien, glaubt, dass die Krise den Trend Podcasts durchaus beflügelt hat. Etwa dank des gestiegene­n Bedürfniss­es nach Informatio­n und Unterhaltu­ng.

Doch wird der Effekt anhalten? Kamleitner glaubt, dass (Podcast-) Abos, die in dieser Phase gemacht wurden, erhalten bleiben. Ob die Abos auch weiter breit genutzt werden, hänge davon ab, wie stark neue Routinen in „Normalzeit­en“erhalten bleiben. „In jedem Fall hat die Krise viele dazu gebracht, das Medium zu erschließe­n.“SN-Redakteuri­n Katharina Maier ist ähnlicher Ansicht. Und sie ergänzt: „Ich glaube, die Mediennutz­ung ist eine bewusstere geworden. Und davon profitiere­n auch Podcasts.“

„Viele haben das Medium erschlosse­n.“

B. Kamleitner, Wirtschaft­spsycholog­in

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria