Der Pizzabote liefert Drogen
Laut Interpol setzen kriminelle Organisationen in der Coronakrise Lebensmittellieferanten für illegale Transporte ein. Auch Europol warnt vor neuen Methoden mafiöser Gruppen.
Interpol warnt davor, dass kriminelle Organisationen während der Coronaviruskrise Lebensmittellieferanten nutzen, um Drogen und andere illegale Waren zu transportieren. Entsprechende Berichte liegen aus Irland, Malaysia, Spanien und Großbritannien vor, wie die internationale Polizeibehörde mitteilte.
Die spanische Polizei nahm demnach im April in Alicante und Valencia insgesamt sieben Personen fest, die als Fahrer von Lebensmittellieferungen verkleidet waren. Sie hätten Kokain und Marihuana mit dem Fahrrad, Motorrad und Auto ausgeliefert, erklärte die Behörde mit Sitz im französischen Lyon. Die Drogen seien teilweise in doppelten Böden in den Rucksäcken der Lieferanten versteckt gewesen.
In Irland fand die Polizei laut Interpol acht Kilogramm Kokain und zwei Handfeuerwaffen, die in Pizzakartons versteckt waren. Die malaysische Polizei wiederum berichtete, von einem Lieferfahrer kontaktiert worden zu sein, der misstrauisch geworden sei, als eine angebliche Bestellung von Fladenbrot elf Kilogramm wog. Die Lieferanten könnten Komplizen oder unwissentlich an dem Drogentransport beteiligt sein, betonte Interpol. Kriminelle könnten sich auch als Zustellfahrer verkleiden, warnte die Polizeibehörde.
In der Coronakrise sucht das organisierte Verbrechen laut Erkenntnissen der europäischen Polizeibehörde generell nach neuen Möglichkeiten für kriminelle Aktivitäten. Europas Sicherheitskräfte müssten darauf mit einer Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit reagieren, forderte die Exekutivdirektorin von Europol, Catherine De Bolle, am Donnerstag bei der Vorstellung einer Studie zu möglichen Auswirkungen der Pandemie auf die Entwicklung der Kriminalität.
Europol verwies unter anderem auf die Gefahr, dass Verbrecherbanden die infolge der wirtschaftlichen Anti-Corona-Maßnahmen angespannte Lage im Bankensektor verstärkt für Geldwäscheoperationen nutzen könnten. Mafiaähnlich organisierte Gruppierungen versuchten, von zunehmenden wirtschaftlichen Problemen zu profitieren – etwa durch die Anwerbung sozial schwacher Jugendlicher sowie durch Schutzgelderpressung und Kreditvergaben zu Wucherzinsen.
In schweren Zeiten nehme die Anfälligkeit von Menschen gegenüber der organisierten Kriminalität zu, erklärte Europol unter Hinweis auf Erfahrungen aus früheren Krisen. „Wirtschaftliche Not macht Gesellschaften empfänglicher für bestimmte Offerten, etwa für billige Schmuggelware oder die Rekrutierung für kriminelle Handlungen“, sagte Catherine De Bolle.
Die Polizeibehörde rechnet zudem damit, dass Menschenschmuggler eine weitere Verschlechterung der sozialen Lage in ärmeren Ländern skrupellos ausnutzen werden. „Anhaltende wirtschaftliche Instabilität und andauernde Chancenlosigkeit in einigen afrikanischen Volkswirtschaften könnten mittelfristig zu einer neuen Welle irregulärer Migration in Richtung EU führen“, sagte die Europol-Direktorin
Erst vor wenigen Wochen hatte Europol vor gefälschten Medikamenten, die im Internet zum Kauf angeboten werden, gewarnt. In einer weltweiten Fahndungsaktion in 90 Ländern konnte man über 2000 Webseiten identifizieren, auf denen wirkungslose Pillen, Sprays oder Salben gegen das Coronavirus angeboten worden waren.
Im Rahmen der Polizeiaktion, die den Namen „Pangea“trug, waren vier Millionen Einheiten an Medikamenten beschlagnahmt worden. Dabei handelte es sich auch um antivirale Medikamente und nachgemachte Malariaarzneien, die nicht zugelassen sind. Zudem waren gefälschte Atemschutzmasken im Umlauf, die wirkungslos oder stark überteuert sind.
„In der Coronakrise gibt es neue Möglichkeiten für kriminelle Aktivitäten.“