Endlich frei
Wie die US-Soldaten vor 75 Jahren die Befreiung Österreichs erlebten.
Unsere ersten Truppen waren euphorisch begrüßt worden, wie in einer französischen Stadt, mit Hurrageschrei etc. und Küssen für alle Soldaten. Es war nicht einfach, diese Menschen zu verstehen.“
Mit diesen Worten beschrieb Immanuel Wilk, ein Soldat der US-Armee, den Einmarsch der Amerikaner in Innsbruck am 3. Mai 1945.
Aus vielen Fenstern von Tiroler Häusern hingen im Mai 1945 keine weißen Fahnen als Zeichen des Friedens, sondern rot-weiß-rote. Die Botschaft in Richtung der Amerikaner war klar: Die Österreicher betrachteten sich als Opfer HitlerDeutschlands und nicht als eifrige Mittäter an einem verbrecherischen Krieg.
Unter den GIs war auch der Bildberichterstatter Irving Leibowitz. In einer Bildunterschrift zu einem Foto vom 3. Mai in Innsbruck notierte er: „Es gab einen riesengroßen Beifall seitens der Zivilbevölkerung, die froh war, die Deutschen los zu sein.“
Die Bilder, die Leibowitz in den Tagen der Befreiung gemeinsam mit seinem Kollegen Louis Weintraub machte, zeigen die Befreiung Österreichs aus dem Blickwinkel der Amerikaner. Und die machten beim Einmarsch unterschiedliche Erfahrungen mit den Einheimischen. Einerseits wurden die US-Soldaten bis zuletzt beschossen, andererseits strahlten ihnen beim Einmarsch in Innsbruck fröhliche Gesichter entgegen.
Es habe bis zuletzt heftige Kämpfe gegeben, sagt der Historiker Peter Pirker vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck. Und man müsse auch betonen, dass es zwar „Dutzende“waren, die den Amerikanern zujubelten, aber sicher keine Massen. Dementsprechend seien die Aufzeichnungen und Erinnerungen der US-Soldaten ambivalent, sagt Pirker. „Einerseits die Überraschung des freundlichen Empfangs und die schöne Umgebung, andererseits Skepsis, dass es sich um einen späten Stimmungswandel handelte.“
Die Einheit, die Tirol befreite und dann für zwei Monate die Besatzung des Landes übernahm, war die 103. Infanterie-Division, die sogenannte Cactus-Division. Mit dabei waren Leibowitz und Weintraub, die Fotografen vom „Signal Corps“, die das Kriegsgeschehen fotografisch dokumentierten. Deren offizielle Bilder, darunter jenes auf der Titelseite des WOCHENENDE, wie auch eine Reihe von privaten Aufnahmen von US-Infanteriesoldaten erscheinen demnächst unter dem Titel „Schnappschüsse der Befreiung“im Tyrolia-Verlag.
Die Armeefotografen dokumentierten die letzten Gefechte in Scharnitz und im Tiroler Außerfern, die Übernahme Innsbrucks, die Verhaftung von NS-Bonzen wie Hermann Göring in Kitzbühel oder die Repatriierung von KZ-Häftlingen. Der Bildband zeigt aber auch den Alltag der ganz normalen Soldaten in den letzten Kriegstagen und in den ersten Wochen nach dem Ende des Kriegs am 8. Mai 1945: GIs beim Kartenspielen oder beim Sport. Zu sehen sind Soldaten, die sich über Hitler und die Nazis lustig machen, GIs, die sich stolz und selbstbewusst in Szene setzen – und das vor dem Hintergrund atemberaubender Berglandschaften.
Die privaten Fotos der
Soldaten seien bisher noch nicht publiziert worden, sagt Mitherausgeber Pirker.
„Wir versuchen, mit diesen
Fotos die Geschichte der
Befreiung aus der Perspektive der US-Soldaten zu erzählen, das ist das Neue an dem Buch.“