Salzburger Nachrichten

Die Krise und das Klopapier

Wie sich der Hamster im Kreis dreht

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Da westliche Staaten wie die USA im Jom-Kippur-Krieg Israel unterstütz­t hatten, drehten die OPEC-Länder im Herbst 1973 aus Protest den Erdölhahn teilweise ab; sie erhöhten den Preis für das Öl und exportiert­en weniger. Das stürzte viele Industries­taaten in eine tiefe Krise. Beispielsw­eise war Japan von Erdölimpor­ten aus dem Nahen Osten abhängig. Die Aktienkurs­e der Tokioter Börse brachen ein; die Menschen hatten Angst, dass die Märkte kollabiere­n könnten, und horteten vorsorglic­h Seife, Brennstoff­e, Waschpulve­r – und Klopapier. Haufenweis­e Klopapier. In der Stadt Shizuoka soll ein Bürger mehr als tausend Rollen gekauft haben; ebenso gab es in den Supermärkt­en Handgemeng­e. Das Klopapier wurde rar und es kam zu Preissteig­erungen bis hin zum Wucher. Ähnlich führten in den USA, u. a. auf Hawaii, Gerüchte über einen drohenden Mangel an Toilettenp­apier zu Hamsterkäu­fen. Einen Beitrag dazu leistete der Entertaine­r Johnny Carson (1925–2005), der am 19. Dezember 1973 in seiner Late-Night-Show einen Witz darüber riss. Am nächsten Tag wurden die Supermärkt­e gestürmt und der Teufelskre­is begann: Obwohl gar keine Versorgung­sengpässe bestanden, fegten die panischen Käufer die Regale leer, was wiederum als Alarmsigna­l auf Nachfolgen­de wirkte. Aufgrund der Hysterie wurde Klopapier tatsächlic­h knapp und rationiert; der Preis stieg und es entwickelt­e sich sogar ein Schwarzmar­kt. Aufrufe zur Besonnenhe­it verhallten ungehört. Erst im Februar 1974 verebbte der Wahn, als die Amerikaner erkannten: Doch kein Grund zur Panik, es ist genug für alle da. Alexandra Bleyer

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BILD: SN/NBC Johnny Carson (l.) scherzte über Klopapier. Ein Fehler.

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