Klimaschutz als Konjunkturspritze
Staatliche Hilfen soll es nur für saubere Fahrzeuge geben.
Die Branche steckte bereits mitten im Umbruch. Die europäische Autoindustrie, allen voran die deutsche, hatte den Abschied vom Verbrennungsmotor jahrelang vernachlässigt und musste nun – durch massiven Druck der technologisch führenden Konkurrenz aus Japan und den USA sowie immer schärfere CO2-Grenzwerte – eingestehen, dass die Richtung radikal geändert werden muss. Milliardeninvestitionen wurden angekündigt. Der Umstieg von Benzin und Diesel auf Strom ist für VW, den weltweit größten Autobauer, ein Gebot der Stunde.
Und dann kam Corona. Absatz und Gewinn brachen ein, die Produktion war unterbrochen, Hersteller und Zulieferer meldeten Kurzarbeit an. Nun erschallt der Ruf nach staatlicher Hilfe, um den Verkauf wieder anzukurbeln. Und es
stellt sich eine grundsätzliche Frage: Wie kann ein Neustart der Wirtschaft erfolgen, ohne den Klimaschutz wieder über Bord zu werfen? Oder anders herum: Klimaschutz soll als Konjunkturspritze dienen.
Manche Autochefs, darunter Daimler-Vorstand Ola Källenius, fordern einfach eine Prämie für den Kauf eines Neuwagens. BMW und VW sind vorsichtiger und wollen staatliche Zuschüsse an Umweltauflagen binden. Von einer „Innovationsprämie“sprach BMW-Chef Oliver Zipse. In diese Richtung geht auch Niedersachsens Ministerpräsident und Volkswagen-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD). Fragt sich, wie Auflagen aussehen könnten. Steuergeld, um einen alten Verbrenner gegen einen neuen auszutauschen, würde am Problem wenig ändern. Bislang ist noch jede Einsparung im Spritverbrauch vom Anstieg der Fahrleistungen und immer größeren Fahrzeugen mehr als wettgemacht worden. „Wenn die Regierung mitten im fundamentalsten Branchenumbruch der Automobilgeschichte alte Antriebe fördert, verwechselt sie Gaspedal mit Bremse“, meint Benjamin Gehrs, Verkehrsexperte von Greenpeace. Deutschlands Umweltministerin Svenja Schulze kann sich eine Innovationsprämie zur „Förderung von Autos mit alternativen Antrieben“vorstellen. „Sinnvoll wären etwa auch Prämien für die Autoflotten sozialer Dienste, die auf Elektroautos umsteigen.“Rückendeckung bekam Schulze von der Kanzlerin. Sie wies vor wenigen Tagen darauf hin, dass es nun wohl eine „schwierige Verteilungsdiskussion“geben werde. Aber: „Umso wichtiger wird es sein, bei den Konjunkturprogrammen immer den Klimaschutz ganz fest im Blick zu haben und deutlich zu machen, dass wir nicht etwa am Klimaschutz sparen, sondern dass wir in zukunftsfähige Technologien investieren.“