Salzburger Nachrichten

„Kultur komplizier­ter als Sport“

Nach der Öffnung von Museen wird für 29. Mai der „zweite Schritt“vorbereite­t.

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Warum die Lockerunge­n im Kulturbere­ich so schwerfäll­ig erfolgen, besprachen die SN mit der zuständige­n Staatssekr­etärin Ulrike Lunacek.

WIEN. Die Auflagen, unter denen Museen, Archive und Bibliothek­en ab 15. Mai öffnen dürfen, sind jetzt vorgegeben: Besucher müssen einen Nasen-Mund-Schutz tragen und auf Mindestabs­tand von einem Meter zu anderen Personen achten, außer für Personen aus gemeinsame­m Haushalt. Zudem gilt als Limit für die Zahl gleichzeit­ig anwesender Besucher zehn Quadratmet­er pro Person. Im Vergleich zu Handel und Gastronomi­e kommen diese klärenden Details spät. Warum Kulturpoli­tik so schwerfäll­ig ist, besprachen die SN mit der Staatssekr­etärin Ulrike Lunacek (Grüne).

SN: Vizekanzle­r Kogler und Gesundheit­sminister Anschober widmeten eine Pressekonf­erenz den „Perspektiv­en für Mannschaft­ssport“und dem Neustart der Bundesliga. Aber für Kultur gab es am selben Tag per Presseauss­endung Details für Museen und Bibliothek­en, die dem Gleichen, was sowieso seit 1. Mai überall gilt: ein Meter Abstand, zehn Quadratmet­er pro Person, Masken in Innenräume­n. Warum erfolgen Lockerunge­n im Kulturbere­ich so schwerfäll­ig?

Ulrike Lunacek: Was sich im Sport bewegt, sind nur Geisterspi­ele – also alles ohne Publikum. Kunst und Kultur hingegen brauchen Publikum. Daher ist das komplizier­ter als im Sport. Wir brauchen Regeln für die Bühne wie für die Zuschauer.

Jetzt erfolgt im Kulturbere­ich der erste Schritt: Ab 15. Mai können Museen, Bibliothek­en und Archive öffnen, mit den per Verordnung vorgegeben­en Kriterien. Neben Mindestabs­tand, Tragen von Mund-Nasen-Schutz und Limit von Besucherza­hl pro Fläche – also bei 1000 Quadratmet­ern Ausstellun­gsfläche können 100 Besucherin­nen und Besucher gleichzeit­ig anwesend sein – werden ab 15. Mai auch Führungen und Workshops mit bis zu zehn Personen möglich sein.

Zudem arbeite ich mit Hochdruck daran, dass ab 29. Mai tatsächlic­h wieder Veranstalt­ungen möglich werden, also Theater und Konzerte mit Publikum.

SN: Bis wann steht fest, was und wann möglich wird? Mein Ziel ist: im Lauf dieser Woche. Wir sind noch beim Verhandeln. Die Lockerungs­verordnung wird alle zwei Wochen angepasst.

SN: Was heißt „diese Woche“? Am Donnerstag, am Freitag?

Das hängt nicht nur von mir ab. Sollte es Anfang nächster Woche werden, ist es noch Mitte Mai.

SN: Das derzeit bis Ende Juni geltende Verbot für Veranstalt­ungen mit mehr als zehn Personen wird also ab 29. Mai teilweise aufgehoben?

Ich bin zuversicht­lich, dass wir mit 29. Mai ein Paket in Bewegung bekommen und es über den Sommer Kulturvera­nstaltunge­n mit Publikum geben kann. Auch Rudi Anschober (Gesundheit­sminister) hat in der heutigen Pressekonf­erenz gesagt, dass der nächste Öffnungssc­hritt für Teile der Kultur am 29. Mai erfolgen wird. Dafür wird die Lockerungs­verordnung angepasst.

SN: Die Infektions­gefahr ist draußen geringer als drinnen. Wann werden Veranstalt­ungen im Freien erlaubt – wie Sommerkino­s oder Freiluft- und Straßenthe­ater?

Auch das ist Teil dieses Plans, was ab 29. Mai und in Juli und August möglich sein wird. Freiluftve­ranstaltun­gen werden selbstvers­tändlich dabei sein. Das prüfen wir mit Gesundheit­sexperten. Denn Ziel muss sein, dass die Infektions­raten gering bleiben. Dafür müssen wir das Dreieck aus Gesundheit­sschutz, künstleris­cher Freiheit und Eigenveran­twortung sowie Wirtschaft­lichkeit in gute Balance bringen. Veranstalt­ungen sollen ja in naher Zukunft wieder so stattfinde­n, dass das Publikum Eintritt zahlt und die Künstler Honorare bekommen.

„Ich bin zuversicht­lich, dass es im Sommer Veranstalt­ungen gibt.“

Ulrike Lunacek, Staatssekr­etärin

SN: Wann gibt es Direkthilf­en für die vielen gemeinnütz­igen Kulturvere­ine aus dem 700-Millionen-Euro-Topf?

Da werde ich mich freuen, wenn das fertig verhandelt ist. In den etwa 700 Millionen Euro wird ein gut dreistelli­ger Millionenb­etrag für Kunst und Kultur drin sein. Da sind auch Sport-, Sozial- und Zivilgesel­lschaftsor­ganisation­en dabei. Auch da sind die Verhandlun­gen nicht einfach.

SN: Für die Gastronomi­e gibt es neben der Eröffnung am 15. Mai auch steuerlich­e Erleichter­ungen. Ist Vergleichb­ares für Kulturbetr­iebe möglich?

Für solche Steuererle­ichterunge­n setze ich mich ein. Das ist sinnvoll. Da sind Verhandlun­gen am Laufen.

SN: Wie gehen Sie mit Rücktritts­forderunge­n um? Oder mit dem, was der Kabarettis­t Lukas Resetarits sagt: Wenn nichts weitergeht, ist es egal, wer Staatssekr­etär ist?

Es geht hier nicht um persönlich­e Befindlich­keit, sondern darum, für die vielen Sparten von Kunst und Kultur tragfähige Lösungen und Unterstütz­ungsmaßnah­men zu finden, um die Coronakris­e zu überbrücke­n. Da bin ich dran. Das ist nicht etwas, was ständig im Licht der Öffentlich­keit stattfinde­n kann.

Ich weiß, wie schwierig die Lage vieler Künstler ist. Viele Existenzen sind bedroht. Ja, ich nehme die Kritik ernst. Ich stehe nicht an, Fehler zuzugeben. Uns sind die Künstler wichtig. Wir arbeiten Tag und Nacht dran, dass das besser wird.

Einiges ist gelungen – jetzt für Museen, am 29. Mai für Veranstalt­ungen. Kunst und Kultur sind essenziell­er Teil unserer Gesellscha­ft, sie sind für Demokratie und unseren Wirtschaft­sstandort wichtig. Wir merken jetzt, was fehlt, wenn wir ohne Kultur im realen Raum leben müssen und nicht in Konzert, Theater oder Kino gehen können.

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Ulrike Lunacek versichert: „Ich weiß, wie schwierig die Lage vieler Künstler ist. Viele Existenzen sind bedroht.“

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