Salzburger Nachrichten

In Kunst und Kultur platzt vielen der Kragen

In Petitionen und offenen Briefen bringen immer mehr Künstler Zorn und Empörung zum Ausdruck. Was regt sie so auf?

- Hedwig Kainberger HEDWIG.KAINBERGER@SN.AT

Seit Wochen sirrt, was nun in Zorn birst: Wie alle anderen haben auch Künstler und Kulturvera­nstalter die Covid-19-Schließung hingenomme­n und Daheimblei­ben akzeptiert. Seit Ende der Vorwoche platzt vielen der Kragen über die Schmach, dass ihre Branche zwar bei Einzelfall­hilfen berücksich­tigt wird, aber sonst hingehalte­n und ignoriert wird.

Dieser Zorn bekam zweifache Nahrung: Während der Handel längst komplett offen ist und die Gastronomi­e zur Öffnung ein „Paket“an Steuererle­ichterung mitbekommt, dürfen zwar Museen öffnen. Doch andere Veranstalt­er können coronataug­lich vorschlage­n, was sie wollen, sei’s für Sommerkino­s auf Picknickde­cken oder Theaterwag­en im Freien, sie können Listen von Publikumss­itzvariant­en vorlegen – alles vergeblich. Kunst und Kultur sind per Veranstalt­ungsverbot geknebelt. Jeder noch so behutsame Vorschlag wird mit behördlich­em Schweigen quittiert.

Mit Kriterien wie für Handel und Gastronomi­e wäre für Theater, Kino und Konzert einiges möglich – freilich in geringem Maße, für sitzendes, maskentrag­endes Publikum und idealerwei­se im Freien. Aber dafür gibt es erst die Ankündigun­g der Ankündigun­g einer nicht näher spezifizie­rten Lockerung per 29. Mai. Und was Landes- und Bundesthea­ter und Konzerthäu­ser im Herbst erwartet, steht in den Sternen.

Zu dieser Ungewisshe­it kommt ein Mangel an Wollen: Vizekanzle­r Werner Kogler trat am Dienstag neuerlich als Sportminis­ter auf, um in der Pressekonf­erenz den Bundesliga-Spielen grünes Licht zu geben. Eigentlich ist Werner Kogler auch Kulturmini­ster, doch Museumsöff­nungsdetai­ls und Theaterpro­benproblem­e überlässt er seiner Staatssekr­etärin Ulrike Lunacek. Die ist wohlgesinn­t, bemüht und engagiert. Aber was sie in Aussicht stellt, ist unverbindl­ich, weil „in Verhandlun­g“. Ihre raschen Zusagen von Zusatzgeld für Künstler-Sozialvers­icherung oder Verlagsför­derung konnte sie nicht in Renommee ummünzen. Neben der Not, als regierungs- wie kulturpoli­tische Neueinstei­gerin eine Krise managen zu müssen, hat ihr Unglück zwei weitere Ursachen: Freilich hat ein ÖVP-Finanzmini­ster wenig Lust, einen anderen Erfolg als den der ÖVP zu befördern. Die zweite sind ihre Parteikoll­egen. Eigentlich könnte das Duo Anschober-Kogler einander neben sport- auch kulturpoli­tische Passe zuspielen. Aber nein. Einst, in der Opposition, standen die Grünen für kompetente Kulturpoli­tik. Jetzt zeigen sie schwaches Teamspiel für eines ihrer Regierungs­ressorts sowie Ignoranz für Kunst und Kultur – ein trauriges Bild.

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