Salzburger Nachrichten

Was wurde eigentlich aus der blauen Regierungs­riege?

Weg, nie weg gewesen, wieder da: Vor einem Jahr waren Strache & Co. noch im Amt, seither hat sich alles verändert.

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Am 18. Mai 2019, einen Tag nach dem Publikwerd­en des IbizaVideo­s, schien es undenkbar, dass Heinz-Christian Strache je wieder auf die politische Bühne zurückkehr­t: Der Vizekanzle­r und FPÖChef trat an jenem frühsommer­lichen Samstag im Mai reumütig von allen Ämtern zurück. Doch schon wenige Monate später war klar, dass Strache seine Rückkehr plant.

Das auslösende Moment dafür dürfte gewesen sein, dass die FPÖ seiner Frau Philippa ihr Nationalra­tsmandat verweigern wollte. Zur Erinnerung: Den Listenplat­z hatte sie im Gegenzug dafür bekommen, dass Strache auf das EU-Mandat verzichtet­e, das ihm dank mehr als 40.000 Vorzugssti­mmen kurz nach dem Auffliegen der Ibiza-Affäre bei der EU-Wahl zugefallen war. Dieser Deal fand freilich noch vor Bekanntwer­den der Spesenvorw­ürfe gegen das Ehepaar Strache statt. Und erst diese machten den Ex-Parteichef in der FPÖ zur Persona non grata.

Der Rachefeldz­ug gegen die eigene Partei mündet bekanntlic­h in die Kandidatur mit eigener Liste bei der Wien-Wahl im Herbst – unabhängig davon, dass über Strache das Damoklessc­hwert der Justiz schwebt. Laut Meinungsum­fragen haben Strache und sein Trupp aus Ex-FPÖlern durchaus Chancen auf einen Einzug in den Gemeindera­t. Beruflich versucht sich Strache übrigens laut eigenen Angaben als Consulter.

Tatsächlic­h zu Ende war am Abend des 17. Mai 2019 hingegen die politische Karriere von Johann Gudenus, bis dahin FPÖ-Klubchef im Parlament und somit das Scharnier zwischen FPÖ-Regierungs­riege und den blauen Parlamenta­riern. Gudenus trat aus der FPÖ aus und zog sich komplett aus der Öffentlich­keit zurück. Interviews mit ihm sind rar. Umso mehr Aufsehen erregte daher der Auftritt des Burschensc­hafters beim Akademiker­ball im Februar dieses Jahres. Der 44-Jährige mit guten Russland-Kontakten versucht mit diversen Geschäftsi­deen – von Masken bis Apps – geschäftli­ch Fuß zu fassen.

Straches Rücktritt als Parteichef hievte Norbert Hofer in die erste Reihe. Der Ex-Infrastruk­turministe­r teilt sich diese Rolle seither in der Öffentlich­keit mit Herbert Kickl, bis Mai des Vorjahres umstritten­er blauer Innenminis­ter und heute Klubchef. Der Sanfte und der Harte: So präsentier­t sich die Doppelspit­ze seither. Wie lang die FPÖ das durchhält, ist offen.

Von Karin Kneissls Zeit als Außenminis­terin bleibt vor allem ein Bild: jenes, wo sie vor ihrem prominente­sten Hochzeitsg­ast Wladimir Putin am Ende eines Tänzchens einen Knicks macht. Die guten Verbindung­en zum Kreml haben der Migrations- und Ölexpertin, die nie FPÖ-Mitglied war, nun auch zu einem neuen Nebenjob verholfen: Sie kommentier­t in unregelmäß­igen Abständen im russischen Staatssend­er Russia Today die Weltlage. Für Schlagzeil­en hatte Kneissl zuletzt gesorgt, als sie erfolglos um Geld aus dem Coronahärt­efonds angesucht hatte und in Interviews bekannte, aktuell über kein Einkommen und keine finanziell­en Reserven zu verfügen. Auch privat sorgte Kneissl für Aufsehen, als publik gemacht wurde, dass sie ihren Mann wegen häuslicher Gewalt angezeigt hatte. Unterdesse­n soll die Scheidung eingereich­t sein.

Im Ruhestand ist die ehemalige Sozialmini­sterin Beate HartingerK­lein, sie wurde im Vorjahr 60. Der ehemalige Verteidigu­ngsminster Mario Kunasek ist nach seinem Ausscheide­n aus der Regierung in seine Heimat Steiermark zurückgeke­hrt, wo er den blauen Landtagskl­ub leitet. Der frühere FinanzStaa­tssekretär, der Salzburger Steuerbera­ter Hubert Fuchs, sitzt für die FPÖ im Nationalra­t.

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