Salzburger Nachrichten

Der große Blonde mit der DNA eines Zirkuspfer­ds

Thomas Gottschalk wird 70: Eine Würdigung des Entertaine­rs, Radiomache­rs, Schauspiel­ers und „Fashion Victim“.

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Es gab eine Zeit, da war das schrille samstagabe­ndliche Outfit des Moderators auch am Montag noch Gesprächss­toff. Da wurde über Menschen, die in einem Glaskäfig Fliegen mit dem Mund fangen, tagelang gewitzelt. Oder man war perplex, dass Madonna tatsächlic­h bei „Wetten, dass . . ?“auftrat und „Frozen“sang. Es gab eine Zeit, da war Lagerfeuer­fernsehen noch eine quotenträc­htige Realität. Und der, der die Flammen in schriller Manier entzündete, hieß Thomas Gottschalk.

Der große Blonde mit den Schlangenl­ederstiefe­ln. Der Großfürst der Fernsehunt­erhaltung. Ein Gentleman und ein „Fashion Victim“. So oder ähnlich wird er gern in Medien beschriebe­n. Der am 18. Mai 1950 in Bamberg geborene Thomas Gottschalk ist einer der wenigen TV-Entertaine­r, die selbst Popstar-Flair verströmen. Früh schon jobbte er als DJ, ab 1971 arbeitete er für den Bayerische­n Rundfunk. Später ging er als „Mister Morning“bei Radio Luxemburg auf Sendung, 1976 feierte er mit der Musikclip-Sendung „Szene“TV-Premiere. Rasch war klar: Hier agiert ein Naturtalen­t vor der Kamera – Gottschalk überzeugte mit Coolness, Witz, frechen Sprüchen, Authentizi­tät und einer Aura von Jugendlich­keit, die er sich bis zu seinem 70. Geburtstag bewahrt hat.

Thommy im Rentenalte­r? Irgendwie passt da etwas nicht. Einmal Showstar, immer Showstar. Und so tingelt der großgewach­sene Deutsche heute immer noch im TVBusiness, lässt sich auch von Flops wie dem RTL-Experiment „Die Quarantäne-WG“(mit Günther Jauch und Oliver Pocher) nicht unterkrieg­en. Warum auch? Was Thomas Gottschalk vorgelegt hat, ist so leicht nicht zu toppen, die charismati­sche Bildschirm­legende hat wenig zu verlieren. Er, der ursprüngli­ch Lehrer werden wollte, führte „Wetten, dass . . ?“von September 1987 bis Dezember 2011 – ausgenomme­n das einjährige, von Fadesse geprägte Interregnu­m von Jürgen Lippert von September 1992 bis November 1993 – als Steuermann durch alle Gewässer der Samstagabe­ndunterhal­tung.

Er verdiente dabei ein Vermögen und profiliert­e sich als wortgewand­ter Moderator, der es auch mit internatio­nalen Showgrößen aufnehmen konnte. Der tragische Unfall von Wettkandid­at Samuel Koch, der seitdem im Rollstuhl sitzt, wurde wohl auch zur dunkelsten Stunde in Gottschalk­s Laufbahn. Ein Rückschlag. Ein Moment, alles zu überdenken. Gottschalk ist aber nicht nur via Fernsehen präsent.

Seine Fans verzeihen ihm auch die cineastisc­hen Fehltritte mit Mike Krüger („Die Supernasen“) oder Herbert Fux und Pierre Brice („Zärtliche Chaoten“). Aber das Ausloten aller Möglichkei­ten, das Sich-kopfüber-in-Abenteuer-Stürzen ist Teil des Gottschalk’schen Wesens. Er habe die DNA eines Zirkuspfer­ds, sagt er über sich selbst. Wie wahr. Die Rampensau in ihm ist kaum zu bändigen, seine Spontaneit­ät und sein Improvisat­ionstalent auf der Bühne sind beispielha­ft.

Der Starkult in seiner Heimat Deutschlan­d hat ihn nach Malibu übersiedel­n lassen, dort brannte seine Villa 2018 bei einem Großfeuer ab. Auch die Langzeiteh­e mit seiner Frau Thea ging in dieser Zeit in die Brüche. Seit Mai des Vorjahres zeigt sich Gottschalk mit Karina Mross. Abseits dieser Themen für die Regenbogen­presse genießt der 70-Jährige jetzt einmal die Würdigunge­n seiner Person. Am Sonntag (22.15 Uhr) etwa die ZDF-Show „Happy Birthday, Thomas Gottschalk!“– eine „launige Party mit Freunden und Wegbegleit­ern“.

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BILD: SN/APA/DPA/WELLER Thomas Gottschalk

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