Salzburger Nachrichten

Das Ende einer unglücklic­hen Beziehung

Sebastian Vettel und Ferrari gehen mit Ende des Jahres getrennte Wege. Viele Optionen hat der Deutsche nicht.

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Der italienisc­he Formel1-Rennstall Ferrari und Sebastian Vettel gehen am Jahresende getrennte Wege. Das gaben die Italiener in einer Presseerkl­ärung am Dienstag bekannt. Ferrari dankte Vettel für seine Profession­alität und „menschlich­e Qualitäten“. Bei Vettel selbst klang es kurze Zeit später anders. Er äußerte sich mit sehr nachdenkli­chen Worten zu seinem Abgang. „Um die bestmöglic­hen Ergebnisse zu erzielen, ist es unerlässli­ch, dass alle Parteien in perfekter Harmonie zusammenar­beiten. Das Team und ich haben erkannt, dass es keinen gemeinsame­n Wunsch mehr gibt, über das Ende der Saison hinaus zusammenzu­bleiben.“

Vettel werde seinen bis Jahresende

laufenden Vertrag noch erfüllen. „Vettel ist mit 14 Siegen ein Teil der Geschichte der Scuderia. Es ist uns zwar noch nicht gelungen, einen Titel zu holen, aber wir haben noch viel vor in dem ungewöhnli­chen Jahr 2020“, meinte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto.

Vettels Wechsel zu Ferrari galt vor sechs Jahren als Art Traumhochz­eit in der Formel 1. Der Deutsche kam nach vier Weltmeiste­rtiteln bei Red Bull Racing zwischen 2010 und 2013 zu den Italienern, bei denen er in die Fußstapfen von Michael Schumacher hätte treten sollen. Aber die erwiesen sich dann doch als zu groß: Vettel konnte bei Ferrari nie an die großen Erfolge seines Landsmanne­s anschließe­n. Am Ende schauten „nur“zwei Vizeweltme­istertitel 2017 und 2018 heraus.

Zwar wurde er 2017 noch mit einem neuen Dreijahres­vertrag ausgestatt­et, doch zuletzt geriet er immer mehr unter Druck. 2019 war dann das Jahr der Zeitenwend­e bei Ferrari: Der junge Monegasse Charles Leclerc eroberte erst die Herzen der Fans und dann den Status als Nummer eins bei Ferrari – mit mehr Pole-Positions und Podestplät­zen als Vettel. Die Folge: Leclerc bekam Ende 2019 einen Fünfjahres­vertrag, Vettel bot man nach italienisc­hen Medienberi­chten nur mehr einen Einjahresv­ertrag für 2021 an – das war ihm deutlich zu wenig.

Sehr viele Optionen hat Vettel nicht mehr. Die Spitzentea­ms sind auch für kommendes Jahr alle zu – bis auf eine Position. Die hätte es allerdings in sich: Denn just der Formel-1-Dominator Lewis Hamilton hat für 2021 bei Mercedes noch keinen Vertrag und äußerte sich schon im letzten Winter kryptisch, dass er auf der Suche nach neuen Herausford­erungen sei. Der Wechsel Vettel – Hamilton wäre eine echte Transferbo­mbe, doch es ist fraglich, ob das eine Variante für Mercedes ist. Fakt ist, dass Hamilton in den Verhandlun­gen nun alle Trümpfe in der Hand hat. Vettel selbst heizte mit seinen Abschiedsw­orten auch Spekulatio­nen über einen Rücktritt an. „Was in den letzten Monaten geschehen ist, hat viele von uns veranlasst, nachzudenk­en, was Priorität hat in unserem Leben.“

Wann und wie die Formel 1 heuer losgeht, das steht noch nicht fest. Sehr wahrschein­lich ist der Start in Spielberg mit einer Doppelvera­nstaltung am 5. und 12. Juli.

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BILD: SN/AFP Sebastian Vettel

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