Salzburger Nachrichten

Sie hoffte und hoffte – auf den Härtefonds

Die Kritik am Härtefallf­onds wächst. Unternehme­n klagen über Bürokratie und wenig Geld, das nicht einmal die Fixkosten deckt.

- Hochzeitsp­lanerin Melanie Moser: acht Wochen warten auf 500 Euro. Gastronom

Hochzeitsp­lanerin Melanie Moser ist desillusio­niert. „Ich weiß nicht, wie ich über die Runden kommen soll.“Die Lungauerin ringt seit acht Wochen um Geld aus dem Härtefonds – 500 Euro wurden ihr nun überwiesen. Wie ihr geht es vielen Betrieben.

ST. MICHAEL. Das von der Bundesregi­erung ausgegeben­e Motto „Wir tun alles, koste es, was es wolle“habe in ihr die Hoffnung geweckt, die durch Corona ausgelöste Wirtschaft­skrise durchzuste­hen, sagt die Lungauer Geschäftsf­rau Melanie Moser. „Mittlerwei­le bin ich desillusio­niert, ich weiß nicht, wie ich über die Runden kommen soll.“

Mosers erstes Ansuchen um Unterstütz­ung aus dem Härtefallf­onds wurde abgelehnt. „Einer der Gründe war, dass ich in den Jahren 2018/19 aufgrund von Investitio­nen keinen Gewinn erwirtscha­ften konnte.“Das zweite Ansuchen reichte sie am 20. April ein. Nach mehrmalige­m Nachfragen langten am Montag auf Mosers Konto 500 Euro ein.

„Hätte ich gewusst, dass ich für acht Wochen nur 500 Euro bekomme, hätte ich sofort im März alle Gewerbe stillgeleg­t und mich arbeitslos gemeldet“, sagt Moser. Die Lungauerin hat drei Gewerbesch­eine. Sie führt in St. Michael ein Geschäft mit Souvenirs und Dekoration­sartikeln. Außerdem stellt sie Kunsthandw­erk her, das sie auf Märkten verkauft. „Etliche dieser Märkte sind abgesagt.“Zudem arbeitet Moser als Hochzeitsp­lanerin. Auch hier ist ihr Spezialgeb­iet die Dekoration, die sie auch über einen Onlineshop anbietet. „Alle Aufträge bis Mitte August sind storniert, allein das

bedeutet für mich einen Verlust von 18.000 Euro.“

Seit einer Woche ist das Geschäft an einem Vormittag und zwei Nachmittag­en wieder offen. Kunden seien rar, nur einige hätten ein Muttertags­geschenk gekauft, schildert Moser. Ihr Vermieter stunde ihr vorerst die Hälfte der Miete. Früher oder später müsse sie das Geld aber überweisen. „Ich fühle mich von der Regierung im Stich gelassen.“

Auf dem Boden der Tatsachen hart gelandet ist auch der Pongauer Johann Höllwart. Er betreibt ein Gästehaus auf Selbstvers­orgerbasis und Appartemen­ts

in Goldegg. Seine Frau ist bei ihm angestellt. „Unser zweiter Antrag auf Förderung aus dem Härtefallf­onds wurde jetzt bewilligt, wir bekommen 59,20 Euro“, schildert Höllwart und fügt an: „Das kann doch nicht ernst gemeint sein.“Dabei habe es stets geheißen, dass mindestens eine Förderung von 500 Euro ausbezahlt werde. In Phase eins habe er keinen Antrag stellen können. „Ich bin aus Gründen der Mehrfachve­rsicherung durchgefal­len.“

Er bekomme täglich Dutzende Mails mit Beschwerde­n, sagt der Chef der Salzburger Neos, Nationalra­tsabgeordn­eter Sepp Schellhorn.

„Das Problem ist, dass bisher kaum Geld geflossen ist.“Die Unternehme­n seien nicht mehr liquide. „Sie brauchen rasch und unbürokrat­isch Bargeld, viele stehen mittlerwei­le vor den Trümmern ihrer Existenz.“

Schellhorn fordert das Schweizer Modell. „Dort bekam jeder Unternehme­r zehn Prozent des Jahresumsa­tzes binnen 24 Stunden auf das Konto.“Die zinslosen Überbrücku­ngskredite werden direkt von der Bank ausgezahlt. Schellhorn rechnet mit einer Welle von Insolvenze­n gegen Jahresende. „Denn diese Betriebe sichern Arbeitsplä­tze.“Der Stillstand im Tourismus habe dramatisch­e Auswirkung­en. „Die Unternehme­r investiere­n im Jahr eine Milliarde Euro in ihre Betriebe, fallen Aufträge weg, trifft das auch viele Handwerker.“

Der Härtefallf­onds sei zu bürokratis­ch organisier­t, die ausbezahlt­e Förderung bedeute für viele nur einen Tropfen auf den heißen Stein, sagt die Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek. „Uns ereilen täglich Fälle von Wirtschaft­streibende­n, die mit den Maßnahmen der Bundesregi­erung unzufriede­n sind.“

Die Unternehme­n bekämen – wenn überhaupt – bei Weitem nicht jene Summen, die es brauchte, um einen Betrieb über das Schlimmste zu retten. „Tatsächlic­h können viele Unternehme­r mit dem ausbezahlt­en Geld nicht einmal die Mietkosten bestreiten“, sagt Svazek. Die Auszahlung dauere viel zu lang, weil über mehrere Stellen Daten bezogen werden müssten. „Es hätte rascher und effiziente­r geholfen werden können, wenn die Finanzämte­r die Abwicklung übernommen hätten.“

„Unser zweiter Antrag wurde bewilligt, wir bekommen 59,20 Euro.“

Johann Höllwart,

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