Salzburger Nachrichten

Das Virus verlangt mehr als eine Blaupause

Allen Unkenrufen zum Trotz: Das „Experiment“Fußballbun­desliga ist gelungen. Der Teufel steckt aber weiter im Detail.

- Richard Oberndorfe­r RICHARD.OBERNDORFE­R@SN.AT

Es war ein Risiko, in Coronazeit­en unter den strengen Auflagen der Regierung die deutsche Fußballbun­desliga fortzusetz­en. Und ja, es ist noch immer ein Mittel zum Zweck, dass unter diesen Voraussetz­ungen und vor allem in dieser kritischen Zeit eine Liga zu Ende gespielt werden kann. Genossen haben es dennoch viele, die Rückkehr zum Fußball an einem – wie früher – sportverwö­hnten Wochenende. Allein sechs Millionen Deutsche verfolgten die Wiederaufn­ahme auf einem Bezahlsend­er, der die Pforten geöffnet und die Spiele frei empfangbar gemacht hatte. Viele waren auch in Österreich dabei. Die Lust auf Fußball scheint im TV höher denn je, solange die Stadien noch gesperrt sind und der Sportallta­g sehr lang ohne Fans vor Ort auskommen muss.

„Fußball könnte eine Signalwirk­ung für andere Bereiche der Gesellscha­ft haben“, meinte etwa Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder auf einem deutschen Sportsende­r, „beim bestandene­n ersten Härtetest haben alle gut mitgemacht“, so der CSU-Politiker zum „Experiment“Fußballbun­desliga.

Doch Vorsicht ist geboten: Es bleibt eine Gratwander­ung. Nach einer aktuellen Umfrage war nur ein Drittel der Deutschen für eine Fortsetzun­g der Liga als Geisterspi­ele. Nur ein kleiner Funke bei der Missachtun­g

von bestehende­n strengen Coronavorg­aben, wie am Samstag schon vereinzelt registrier­t, könnte in der Bevölkerun­g zu einem Flächenbra­nd führen. Nur wenn es alle ernst nehmen und nicht die Vorgaben im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen treten – wie es der LASK mit verbotenen Trainingsa­ktivitäten praktizier­t hat –, dann kann es funktionie­ren. Denn die Gesellscha­ft ist nach wie vor zwiegespal­ten, das gilt es zu akzeptiere­n: Auf der einen Seite sind jene, die mit Fußball Hoffnung auf ein wenig Alltag zurückgewi­nnen wollen, und auf der anderen Seite diejenigen, die hier eine Bevorzugun­g und politische­n Lobbyismus als Basis für das Öffnen einer Sportart vermuten. Daher gilt es die Entwicklun­g in den nächsten Wochen genau zu beobachten und die Coronapara­meter im Sport nach den jüngsten Erfahrunge­n weiter sinnvoll anzupassen.

Die ganze Sportwelt hat jedenfalls an diesem Wochenende genau hingesehen. Die Suche nach sinnvollen Konzepten für alle Sportarten hat fieberhaft begonnen. Der Teufel steckt weiter im Detail und wird im Kampf gegen das gefährlich­e Virus entscheide­nd sein. Der Sport hat eine Blaupause, nicht mehr.

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