Fußball wurde wieder „zum Leben erweckt“
Deutschland wurde seiner Vorreiterrolle gerecht. Aber nicht alle hielten sich an die Vorgaben.
Deutschland wurde seiner Vorreiterrolle gerecht. Sportlich waren die Auftritte der Bundesligisten ohne Zuschauer besser als vermutet. Aber es gab auch Probleme: Nicht alle hielten sich an die Vorgaben.
Ein Küsschen auf die Wange, gegenseitiges Abklatschen oder ein unbedachter Sprung auf den Rücken seines Mitspielers: Nicht alle Fußballprofis haben es zum Restart der deutschen Bundesliga beim Torjubel so genau genommen mit den strengen Hygienevorschriften. Es blieben aber die Ausnahmen, und auch Sanktionen drohen den unbelehrbaren Spielern von Hertha Berlin nicht. „Das sind vielleicht Geburtswehen“, hieß es am Samstag von vielen Seiten, als endlich der Anfang gemacht war und die Kugel wieder rollte.
Deutschlands oberste zwei Ligen sind ihrer Vorreiterrolle im europäischen Fußball insgesamt sehr gut gerecht geworden. Auch das internationale Echo war trotz der ungeliebten Geisterspiele positiv. „Das hat etwas Surreales. Ich habe aus der ganzen Welt SMS bekommen. Und dann fährst du durch deine Stadt und es ist nichts los, das ist schon gewöhnungsbedürftig“, sagte Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nach dem 4:0-Sieg gegen Schalke im ersten Revierderby der Geschichte ohne Zuschauerbeteiligung. Der BVB feierte den höchsten Sieg gegen Schalke seit 1966, als man den Lokalrivalen mit 6:2 besiegt hatte.
Erling Haaland war es vorbehalten, das erste Tor nach der Coronapause zu erzielen. Der Ex-Red-BullProfi und Fußballer des Jahres in Österreich hält nun bei zehn Toren in neun Spielen für Borussia Dortmund. „Irgendwie war es wohl passend, dass Haaland, der weithin als die Zukunft dieses Spiels gesehen wird, das erste Tor der neuen PostCovid-Ära geschossen hat“, schrieb der Londoner „Independent“. Die italienische „Gazzetta dello Sport“titelte mit viel Pathos: „Hätten wir für die Menschheit einen Fußballer wählen müssen, nur um diesem Bastard eines Virus ins Gesicht zu schlagen, hätten wir uns für Erling Haaland entschieden.“
Sportlich gesehen waren die Auftritte der Bundesligisten nach der kurzen Vorbereitungsphase besser als vermutet. Der eine oder andere Club machte trotzdem von der neuen Fünf-Wechsel-Möglichkeit Gebrauch. Positiv fiel darüber hinaus auf, das durchaus befürchtete Fanansammlungen vor den Stadien ausblieben. Im Stadion hielten sich die Akteure mit großer Mehrheit – wie eingangs beschrieben mit Ausnahme der zu innigen Torjubelszenen bei der Hertha – an die Vorgaben. „Die Bundesliga hat den Fußball nach Monaten des Todes und der Angst wieder zum Leben erweckt“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“. Der „Independent“sah es ähnlich: „Die Bundesliga hat gezeigt, wie es geht. Sie hat für diesen Sport einen Präzedenzfall geschaffen. Das wird helfen, das Denken zu verändern.“Die fehlende Atmosphäre müsse man in Kauf nehmen. „Es ist nicht dasselbe ohne die Fans, aber es ist immer noch besser als gar kein Fußball.“
Dem wird Pay-TV-Sender Sky vollends zustimmen. Wie das deutsche Medienmagazin DWDL berichtete schalteten noch nie so viele Zuschauer bei der Übertragung von Bundesligaspielen ein. Sky zeigte die Konferenz am Samstag frei empfangbar und erreichte so insgesamt sechs Millionen Menschen in Deutschland. Davon 3,6 Millionen schauten die Einzelspiele im PayTV – eine Quote, die 60 Prozent Marktanteil entspricht und doppelt so hoch war wie an gewöhnlichen Spieltagen.