Salzburger Nachrichten

Männerwelt­en: Wenn selbst Spaßvögeln das Lachen vergeht

Ein Video schockiert die Internetge­meinde. Was gezeigt wird, ist für viele Frauen jedoch bitterer Alltag.

- FRAUEN SACHE Katharina Maier WWW.SN.AT/FRAUENSACH­E

Es sieht aus wie in einer verlassene­n Lagerhalle: dunkle Ecken, schwere Türen – der perfekte Ort für eine moderne Ausstellun­g. Sie trägt den Namen „Männerwelt­en“. Moderatori­n Sophie Passmann führt die Zuseher von Raum zu Raum und enthüllt die schockiere­nden Exponate. Im ersten Raum sind Bilder von entblößten männlichen Genitalien zu sehen. Reihenweis­e hängen sie an der Wand. Es sind sogenannte „Dickpics“. Fast jede Frau hat so ein Bild schon einmal ungefragt in ihrem Postfach vorgefunde­n.

Der Rundgang durch die Ausstellun­g geht weiter. Bekannte Moderatori­nnen lesen abartige Hasskommen­tare vor, die in den sozialen Netzwerken über sie geschriebe­n werden. Schauspiel­erinnen sprechen Chatverläu­fe nach, die vor sexueller Belästigun­g nur so strotzen. Am Ende des Videos sieht man Schaufenst­erpuppen, die in langen Hosen, Pyjamas oder Sportsache­n gekleidet sind. Es handelt sich um die Kleidung, die Frauen trugen, als sie Opfer einer Vergewalti­gung wurden.

Das Video von „Männerwelt­en“hat innerhalb von ein paar Stunden Millionen von Internetnu­tzern auf der ganzen Welt erreicht. Konzipiert wurde es von den beiden deutschen Comedy-Stars Joko und Klaas. Eigentlich sind die beiden als Spaßvögel bekannt, doch in diesem Video zeigen sie auf brutale Art und Weise, wie viele ihrer Geschlecht­sgenossen mit Frauen umgehen. Ob Grapscher auf der Straße oder blöde Sprüche im Netz: Was im Video gezeigt wird, ist nichts Neues. Es wird aber normalerwe­ise totgeschwi­egen.

Das Video war in den vergangene­n Tagen das Gesprächst­hema Nummer eins unter jungen Frauen. Bei manchen hat „Männerwelt­en“alte Wunde aufgerisse­n. Vielen hat es aber die Augen geöffnet: „Es ist erschrecke­nd, wie viel ich mir von Männern gefallen lasse. Und nicht Nein sage. Ich nehme es hin, weil es ja schon immer so war. Ich stelle es gar nicht infrage“, erzählt eine Frau. Und genau das ist der Punkt: Sexuelle Belästigun­g ist so sehr im Alltag verankert, dass sie oft nicht mehr auffällt. Das fängt bei vermeintli­ch „kleinen“Belästigun­gen an: Wer ungefragt ein Nackfoto bekommt, will das so schnell wie möglich wieder vergessen. Das Verdrängen macht aber leider auch vor den schwersten Delikten nicht halt: Nicht einmal jede zehnte Vergewalti­gung wird zur Anzeige gebracht.

Viele Opfer machen sich selbst Vorwürfe. Das ist auch kein Wunder, denn der gesellscha­ftliche Umgang mit diesem Thema ist zum Heulen. Drei Viertel aller Österreich­erinnen wurden schon in irgendeine­r Form sexuell belästigt. Und immer noch lautet die am häufigsten gestellte Frage nach einer Vergewalti­gung: „Welches Outfit hattest du an?“

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