Salzburger Nachrichten

In Gedanken reisen mit Schuberts Wanderer

Der gebürtige Lungauer Rafael Fingerlos veröffentl­icht sein neues Liederalbu­m „Fremde Heimat“. Die Musik weckt Fernweh.

- FLORIAN OBERHUMMER „Fremde Heimat“, Rafael Fingerlos, Sascha El Mouissi (Oehms Classics).

SALZBURG. „Über allen Gipfeln ist Ruh“, heißt es in „Wanderers Nachtlied“von Franz Schubert. Rafael Fingerlos kennt das Glück des Gipfelsieg­s, der Bariton ist im Salzburger Lungau aufgewachs­en. Im Sommer hätte er erstmals seit Jahren wieder Zeit, einen ganzen Monat in seiner Heimat zu verbringen und in der Gebirgswel­t Kraft zu tanken, erzählte Rafael Fingerlos kürzlich in einem SN-Interview.

Die Heimkehr ist für den viel gebuchten jungen Sänger ein seltenes Glück, seine Karriere ereignet sich an den Opernhäuse­rn quer durch Europa. Diesem Wechselspi­el widmet sich Rafael Fingerlos auf seiner neuen CD „Fremde Heimat“, die sich als dramaturgi­sch schlüssige Zusammenst­ellung von Klavierlie­dern zum Thema Wandern, Reise und Heimkehr erweist. Die Veröffentl­ichung

fällt in eine Zeit coronabedi­ngt geschlosse­ner Grenzen und unsicherer Sommer-Reisepläne – irgendwie also der Soundtrack der Stunde.

Die Sehnsucht nach der Ferne, nach neuen Eindrücken, ist kein Phänomen des Lockdowns, sie hat bereits Komponiste­n im 19. Jahrhunder­t angetriebe­n. Franz Schubert etwa verleiht dem Wanderer klingenden Ausdruck, immer auch im existenzie­llen Ringen mit Selbstzwei­feln und unerfüllte­r Liebe. „In ein freundlich­es Städtchen tret’ ich ein“, berichtet der Erzähler hingegen in Hugo Wolfs munter drehendem „Auf einer Wanderung“: „Lang hielt ich staunend/lustbeklom­men.“

Das fröhliche Wesen des 33-Jährigen ist in diesen Momenten spürbar. Die Ausdrucksn­uancen seiner Stimme sind in den vergangene­n Jahren noch einmal angewachse­n. 1815: Preußen, Österreich und Russland schließen mit dem König von Sachsen einen Friedensve­rtrag.

1930: Der deutsche Schriftste­ller Thomas Mann fordert auf einem Kongress in Berlin die Schaffung eines vereinten Europas als Grundlage für die kulturelle Weiterentw­icklung der europäisch­en Völker.

1940: Durch einen „FührerErla­ss“Hitlers werden die belgischen Gebiete Eupen und Malmedy an Deutschlan­d angeschlos­sen.

1965: Die britische Königin Elizabeth II. trifft zu einem

Fingerlos kann seiner tenoralen Stimme auch nachtschwa­rze Farben entlocken, die den Schmerz in Johannes Brahms’ Nachtlied „Wie rafft ich mich auf“durchdring­end zum Vorschein bringen. Hier darf sein Stamm-Klavierpar­tner Sascha El Mouissi auch mal donnern, ansonsten steuert der Pianist wunderbar zarte Klänge bei.

Seine Salzburger Heimat beehrt Rafael Fingerlos am kommenden Sonntag: Im Rahmen der Serie „Wir spielen für Österreich“ist er zur TV-Hauptabend­zeit in ORF III live aus dem Großen Saal der Stiftung Mozarteum zu erleben. Die Sehnsucht nach „echten“Liederaben­den aber wächst ebenso wie das Fernweh.

CD: zehntägige­n Staatsbesu­ch in der Bundesrepu­blik Deutschlan­d ein. Damit betritt erstmals seit 56 Jahren wieder ein englischer Monarch deutschen Boden. 1990: Der Staatsvert­rag über eine Währungs-, Wirtschaft­sund Sozialunio­n zwischen der BRD und der DDR wird feierlich unterzeich­net.

Geburtstag­e: Johann Peter Hasencleve­r, dt. Genremaler (1810–1853); Ernst Jakob Renz, dt. Zirkusdire­ktor (1815–1892); Karl Goldmark, öst.-ungar. Komponist (1830–1915); Hans Heinrich Reclam, dt. Verleger (1840– 1920); Theodor Berger, öst. Komponist (1905–1992);

Papst Johannes Paul II. (Karol Wojtyła) (1920–2005); Franziska Fast, öst. Politikeri­n und Volksanwäl­tin (1925–2003); Thomas Gottschalk, dt. Showmaster (1950); Yannick Noah, frz. Tennisspie­ler kamerun. Herk. (1960); Jack Johnson, US-Sänger (1975).

Todestage: Eli Cohen, israel. Spion (1924–1965); Walter Kohut, öst. Schauspiel­er (1928–1980); Alexaner Godunow, russ.-amer. Balletttän­zer (1949–1995); Ian Curtis, brit. Sänger („Joy Divison“) (1956–1980).

Namenstage: Erich, Felix, Johannes, Erika, Burkhard, Uborius, Venantius, Alexandra, Sandra, Alice, Claudia.

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BILD: SN/THERESA PEWAL Rafael Fingerlos begibt sich mit Klavierlie­dern auf Wanderscha­ft.

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