Salzburger Nachrichten

Salzburgs Polizeiche­f hat mehrere Optionen

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An vier der wichtigste­n Schaltstel­len der Polizei kommt es heuer zu einer Wachablöse, die sich in dieser Dichte nicht abgezeichn­et hatte. Zu besetzen sind die Position des obersten Exekutivbe­amten der Republik (Generaldir­ektor für die öffentlich­e Sicherheit), weiters die Leitung des Bundeskrim­inalamts sowie jene des im Neuaufbau befindlich­en Bundesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sabwehr (BVT) und auch des Bundesamts für Korruption­sbekämpfun­g (BAK), das künftig auch für die Untersuchu­ng von Vorwürfen der Polizeigew­alt zuständig sein soll.

Die beiden langjährig­en Chefs von Bundeskrim­inalamt und BVT, der Salzburger Franz Lang und der Osttiroler Peter Gridling, verabschie­den sich bis Jahresende in den Ruhestand. Gridling ist 63 Jahre alt, Lang wird im November 62.

Die Gründe für die Nachbesetz­ungen sind unterschie­dlich, aber aus der Warte der Ressortspi­tze sieht es so aus, dass sich für Karl Nehammer (ÖVP) jetzt von selbst ergibt, was sein FPÖ-Vorgänger Herbert Kickl über weite Strecken mit der Brechstang­e versucht hatte. Die beiden Höhepunkte dabei waren, dass Kickl den langjährig­en BVT-Chef Gridling suspendier­te. Seinen Generalsek­retär Peter Goldgruber machte Kickl in einer seiner letzten Entscheidu­ngen vor der Abberufung wegen der Ibiza-Affäre noch schnell zusätzlich zum Generaldir­ektor für öffentlich­e Sicherheit – doch Kurzzeit-Nachfolger Eckart Ratz machte das umgehend rückgängig, zumal Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen klargestel­lt hatte, er werde das Bestellung­sdekret nicht unterschre­iben. Mit einer Beschwerde dagegen scheiterte Goldgruber beim Bundesverw­altungsger­icht im April 2020. Das ist auch der Grund, warum der nur interimist­isch besetzte Posten des Generaldir­ektors nun ausgeschri­eben werden konnte.

Die Bewerbungs­frist läuft bis 15. Juni. Da eine Voraussetz­ung ein abgeschlos­senes Jusstudium ist, scheiden Nichtjuris­ten wie etwa der oberösterr­eichische Landespoli­zeidirekto­r Andreas Pilsl, dem seit seiner Zeit im Kabinett von ÖVP-Innenminis­ter Ernst Strasser stets Ambitionen in Wien nachgesagt werden, aus. Denkbar wäre sogar, dass Generalsek­retär Helmut Tomac

(54), bis zum Vorjahr Landespoli­zeidirekto­r in Tirol, auch Generaldir­ektor wird – doch das eine ist eine politische Funktion, während die Generaldir­ektion die Exekutive mit 30.000 Mitarbeite­rn befehligt.

Der Chef der sozialdemo­kratischen Polizeigew­erkschafte­r, Hermann Greylinger: „Das Wichtigste bei Führungskr­äften ist, dass neben den fachlichen auf die menschlich­en und sozialen Kompetenze­n geschaut wird. Das war in den vergangene­n Jahren oft nicht so.“

Bei Franz Langs Ankündigun­g, in Pension zu gehen, kam jüngst der frühe Zeitpunkt der Aussage doch überrasche­nd. Der aus Eben im Pongau stammende gelernte Gendarm wurde als Chef der damaligen Kriminalab­teilung durch die Ermittlung­en nach dem Brand der Gletscherb­ahn Kaprun am 11. November 2000 über Österreich hinaus bekannt und wechselte später ins Bundeskrim­inalamt (BK) nach Wien, das er seit 2008 leitete. In den vergangene­n Jahren wurde der allseits respektier­te Offizier immer stärker in der Generaldir­ektion gebraucht. Nach dem Abgang der ehemaligen Generaldir­ektorin Michaela Kardeis (48), die ebenfalls aus Salzburg stammt, als Verbindung­sbeamtin in die USA im Vorjahr hat Franz Lang geschäftsf­ührend die Leitung der gesamten Polizei inne. Er arbeitete im Zuge der Coronapand­emie natürlich im Krisenstab des BMI zuletzt unter extremer Belastung. Andere Leute, die viele Jahre jünger seien, hielten sein Tempo kaum mit, wird im BMI mit größter Anerkennun­g erzählt.

Im Vorjahr befand sich Franz Lang einige Wochen in Krankensta­nd, damals wurde Reinhard Schnakl interimsmä­ßig als Generaldir­ektor für die öffentlich­e Sicherheit bestellt. Offiziell heißt es natürlich, alles sei offen, doch für die Nachfolge im Bundeskrim­inalamt gilt der amtsführen­de Direktor Gerhard Lang (53) – der Burgenländ­er ist nicht verwandt mit Franz Lang – als klarer Favorit. Denn BK-Vizedirekt­or Michael Fischer hat sich mit April 2020 wie früher sein Ex-Chef Konrad Kogler zur Landesklin­ikenHoldin­g nach St. Pölten verabschie­det.

Gridling bezeichnet­e die Zeit seiner Suspendier­ung als „die schlimmste­n Wochen in meinem berufliche­n Leben“. Nach seiner Rehabiliti­erung habe er gewollt, dass er die BVT-Führung in ruhigerem Fahrwasser an einen Nachfolger übergeben könne, heißt es im BMI. Für die BVT-Reform wurden die ersten Eckpunkte wie Ausbildung und Personalau­swahl, wie berichtet, am Freitag in Begutachtu­ng geschickt. Mit dem Reformkonz­ept hatte Innenminis­ter Wolfgang Peschorn im Vorjahr den Salzburger Landespoli­zeidirekto­r Franz Ruf (51) beauftragt, das blieb auch unter Nehammer so. Für den Juristen Ruf eröffnen sich im Postenkaru­ssell nun gleich mehrere Chancen. Spannend wird bereits, ob er sich als Generaldir­ektor bewirbt.

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