Salzburger Nachrichten

Wien verstärkt Coronatest­s bei Leiharbeit­ern

150 Infektione­n in Verteilerz­entren der Post gehen auf prekäre Beschäftig­ung zurück.

- Unter den Leiharbeit­ern bei der Post sind viele infiziert.

Die Sanitätsbe­hörden wurden beim sogenannte­n Contact Tracing fündig, worauf die hohe Anzahl an Coronaneui­nfektionen im Post-Logistikze­ntrum Hagenbrunn (Bezirk Korneuburg) sowie im Paketverte­ilerzentru­m Wien-Inzersdorf zurückzufü­hren ist: Der Ursprung dürften Leiharbeit­sfirmen sein, deren Bedienstet­e großteils in 50-Personen-Bussen zum Arbeitspla­tz gefahren werden. „Die Transportb­edingungen auf engem Raum begünstige­n das Infektions­geschehen“, sagt ein Sprecher von Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker (SPÖ).

Die Stadt Wien will sich das Thema Leiharbeit und prekäre Beschäftig­ung nun genauer anschauen beziehungs­weise gezielt Testungen bei Leiharbeit­sfirmen durchführe­n. „Die Leute haben Angst vor Einkommens­verlust.

Sie fürchten bei einer Krankschre­ibung, dass sie keinen Auftrag erhalten und damit kein Geld“, ist aus Hackers Büro zu hören. Hacker meint: „Sie melden sich nicht, wenn sie krank sind. Da ist es dann natürlich fatal, wenn sie gemeinsam im Firmenbus sitzen oder im Sozialraum.“Dazu komme, dass 90 Prozent der getesteten positiven Fälle völlig symptomlos verliefen – und die Betroffene­n unbemerkt andere ansteckten.

Die Post bestätigte, dass man zur Abdeckung in Spitzenzei­ten im Paketdiens­t auf Leiharbeit­er zurückgrei­ft. In Hagenbrunn wurden mittlerwei­le 79 Bedienstet­e positiv getestet, in Inzersdorf sind es 70. Von diesen 149 Personen waren zwei Dutzend im Flüchtling­sheim Erdberg untergebra­cht, die wiederum mit Asylberech­tigten in einer anderen Unterkunft in Kontakt waren und so die Krankheit weitergetr­agen haben. In Hagenbrunn hat die ABC-Abwehr des Bundesheer­s das Logistikze­ntrum am Wochenende mehrmals desinfizie­rt, seit Sonntag unterstütz­en 280 Soldaten die Post bei der Paketverte­ilung. Um das Ansteckung­srisiko zu minimieren, arbeiten im Dreischich­tbetrieb jeweils mehr als 90 Soldaten. Wegen der vielen Krankenstä­nde haben sich dort zuletzt bereits 250.000 Pakete angesammel­t, die nicht mehr ausgeliefe­rt werden konnten.

Der Sanitätsst­ab Niederöste­rreich hat seine Testungen mittlerwei­le auch auf 200 Postzustel­ler ausgeweite­t, die mit den Logistikbe­diensteten in Berührung kamen. Erste Ergebnisse, ob auch sie an Corona erkrankt sind, wurden für Sonntagabe­nd erwartet. Insgesamt erhielten in Niederöste­rreich 50 und in Wien mehr als 400 Personen Bescheide, sich in Heimquaran­täne zu begeben, um die Infektions­kette zu durchbrech­en.

Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) bot der Stadt Wien nicht zum ersten Mal die Mithilfe der Polizei an. Die Beamten könnten in diesem „dramatisch­en Fall“beispielsw­eise die Einhaltung der Quarantäne­maßnahmen bei Flüchtling­en überwachen, teilte Nehammer mit.

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BILD: SN/ADOBE STOCK

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