Konsumwandel in Zeiten von Corona?!
Neulich im Pinzgau bei meinem Lieblingsbauern ums Eck. Die Kundin vor mir sagt: „Unglaublich, was heute los ist. Wie zu Weihnachten.“Mein Blick schweift in den kleinen Hofladen. Viele Menschen stehen an der Kassa Schlange. „Nicht ganz. Der Unterschied zu Weihnachten ist, dass wir uns zu Weihnachten auf den Ansturm vorbereiten können. Immerhin haben wir genug gelagert – Kartoffel, Karotten, Äpfel. Und das Frische wächst bereits. Bald kann der erste Salat geerntet werden“, antwortet die Biobäuerin. Bewusster Konsum boomt gerade. Warum eigentlich nur in Krisenzeiten und zu Weihnachten? Steigt das Bewusstsein für regionale Produkte in Krisenzeiten? Diese Fragen beschäftigen mich. Gibt es ein „gesundes“
Konsumieren? Kann Konsum überhaupt gesund sein? Gesund nicht nur für mich und meinen Körper, sondern auch für meine Mitmenschen und die Natur? Die Zusammenhänge zwischen Wirtschaftswachstum auf der einen sowie gesunden Arbeits-, Lebensund Umweltbedingungen auf der anderen Seite sind komplex. Werden diese unterschiedlichen und teils auch widersprüchlichen Welten jemals in Einklang gebracht werden (können)?
Wir reden ja hier nicht nur vom Biogemüse, das nachhaltig und regional angebaut und ohne Plastik verkauft wird. Nein, wir reden auch von anderen Konsumgütern wie Kleidung, Kosmetik, Reinigungsmitteln, Nahrungsmitteln, Elektrogeräten, Baumaterialien, Fahrzeugen, Möbeln, Spielzeug … letztlich von allem, wofür wir in irgendeiner Art und Weise Geld ausgeben – auch von Dienstleistungen. Und ja, vieles mag vom kommerziellen Handel vorgegeben sein. Doch den Weg zum Shoppingcenter, die Entscheidung für Produkte von Großkonzernen, dafür sind wir selbst verantwortlich. Und wir bezahlen dafür mit unserem Geld. Selbiges gilt für Einkäufe bei Onlineriesen. Wir surfen zum jeweiligen Händler, wählen die Produkte, klicken auf „kostenpflichtig bestellen“und bezahlen mit Kreditkarte. Niemand zwingt uns dazu. Verantwortlich gedacht geben wir damit nicht nur unser Okay, sondern finanzieren mit unserem Geld ein System von prekären Arbeitsverhältnissen, Abholzung der Regenwälder, Umweltverschmutzung, katastrophaler Tierhaltung, Raubbau an unseren natürlichen Rohstoffen. Und so entziehen wir uns auch wechselseitig immer mehr unsere eigene Lebensgrundlage und finanzieren ein System, welches unserem Dasein, unserem Wohlbefinden und unserer Gesundheit schadet. Der Erde ist das egal. Die Erde wird wie bisher auch ohne uns Menschen überleben und zurechtkommen – egal ob in einer Eis- oder Feuerzeit. Wenn wir unser Denken und unser Verhalten nicht ändern, wird sich auf dieser Welt gar nichts ändern. Dies gilt auch in Hinblick auf unser Konsumverhalten. Veränderung findet auch hier nur durch nachhaltige und ganzheitliche Kauf- und Investitionsentscheidungen durch jede und jeden von uns statt.
Zurück im Hofladen. Aus Gesprächen mit den Stammkunden und -kundinnen hier weiß ich: Diese Menschen sind sich ihrer Einkaufsmacht bewusst. Auch ich folge nach Möglichkeit meinen Konsumprinzipien: Weniger ist mehr! Nachhaltige, regionale Produktion, verkauft im kleinen Geschäft um die Ecke.
Und Sie? Warum eigentlich beim nächsten Einkauf nicht noch einmal überlegen: Ist es sinnvoll, dieses Produkt zu kaufen? Will ich mit meinem Geld diese oder jene Arbeits- und Produktionsbedingungen finanzieren und so die Welt von morgen gestalten? Und was kann ich – eigentlich ganz unkompliziert – direkt kaufen, bei mir vor Ort?