Ist Buchingers Lebensschule
te zwischen jeder Hürde sind kein Problem. Auch ein ungleicher Rhythmus ist zu meistern. Doch als die Farben der Hürden mit verschiedenen Aufgaben versehen und schließlich Armbewegungen mit einbezogen werden, trennt sich die Spreu vom Weizen. Während bei Buchinger und Co. die zunehmend komplexen Übungen zwar nicht mehr ganz so flüssig, aber weiter koordiniert wirken, komme ich mir vor wie ein Bewegungslegastheniker. Dabei zähle ich mich koordinativ zu den Fortgeschrittenen.
An der Wand hängen überdimensionale Bilder der Aushängeschilder des Olympiazentrums. Fast täglich also wird Buchinger von ihrem eigenen Actionfoto daran erinnert, wofür sie so hart arbeitet. „Ja“, erzählt sie auf dem Weg in den Kraftraum, „ich bin im Sport beinhart, habe aber einen sehr weichen Kern.“Auch beim Gewichtheben ist die Intensität in der „leichten Woche“moderat. Umso mehr wird bei den Übungen für das Reißen und Stoßen auf die Technik geachtet. Denn wer glaubt, ein Gewicht aufzuheben ist reine Kraftsache, irrt gewaltig. Der komplexe Bewegungsablauf erfordert eine sehr gute Technik, die wiederum unabdingbar ist, um Verletzungen vorzubeugen. Je näher das Gewicht am Körper entlang nach oben geführt wird und je explosiver der Impuls aus Knie-, Hüftund Schultergelenk kommt, desto leichter ist es. Wobei leicht sehr relativ ist. Denn schwer, denke ich, wäre mit unmöglich gleichzusetzen. Zumindest in der ersten Gewichtheber-Stunde.
In einer intensiven Einheit stemmt Buchinger fünf Mal 57 Kilogramm, und das in vier Serien. Diesmal stemmen wir mit mehr Wiederholungen (8) weniger Gewicht (40) in weniger Serien (3). „Eine Serie packen wir noch drauf. Die erste zählen wir als Aufwärmen“, kommt ihr Ehrgeiz durch. So ticken sie eben, die Besten: Lieber mehr als zu wenig. Ihr Trainer muss sie sogar bremsen: „Heute geht es darum, runterzukommen. Du sollst das Gefühl haben, dass du zu wenig getan hast.“Dieses Gefühl habe ich jedenfalls nicht. Apropos Wohlfühlgewicht: Das liegt bei Buchinger bei 63 Kilogramm. 68 dürfte sie im Kampf auf die Waage bringen. „Dann wäre ich stärker, aber langsamer. Leichtfüßig zu sein ist mir am wichtigsten.“
Nach 2:15 Stunden ist das Training und damit auch der Trainingstag beendet. In einer intensiven Woche spult Buchinger elf Einheiten ab, diesmal eine täglich. Sie erklärt dann, dass Karate für sie weit mehr als Spitzensport, nämlich Lebensschule, bedeutet. „Als Kind war ich schüchtern, habe mir alles gefallen und wegnehmen lassen. Weil ich die Ninja Turtles bewundert habe und auch einmal kämpfen wollte wie sie, hat dann Karate dazu beigetragen, dass ich selbstbewusster wurde, mir etwas getraut habe und aus mir rausgehen konnte“, erzählt die Stadt-Salzburgerin. So habe sie gelernt, allfällige Aggressionen im Sport abzubauen. Wie man sich im Ernstfall wehrt, das lehrt sie mittlerweile auch Frauen in Selbstverteidigungskursen. „Aber Streit habe ich nie gesucht, ich war und bin sogar sehr harmoniebedürftig“, grinst sie.