Salzburger Nachrichten

Der Leichtathl­etik-Abschied aus Itzling

Erinnern wir uns an die Zeiten, in denen in Salzburg Weltklasse­Leistungen in der Leichtathl­etik gezeigt wurden. Eine stach besonders heraus.

- Joachim Glaser

Die heutige Jubiläums-Schatztruh­e führt uns in die Kerndiszip­lin des Sports, in die Leichtathl­etik. Für diese war Salzburg über viele Jahre ein sehr guter Boden. Paradox war die Situation in den Siebziger-, Achtzigerj­ahren des vergangene­n Jahrhunder­ts. Die leistungss­tarke Union hatte zahlreiche österreich­ische Meister in ihren Reihen, aber in Nonntal nur eine uralte „G’stättn“, der ASV konnte dank guter Beziehunge­n vor allem mit städtische­n Geldern seine Anlage in Itzling sehr gut ausbauen, verfügte aber – sieht man von einer Handvoll Langstreck­lern ab – über keine Athleten, die Tartanbahn und Co. hätten nutzen können. Über die Benutzung gab es damals zwischen Vereinen und Verband viel Streit.

Als die Union in Erinnerung an den 1982 gestorbene­n „Vater der Salzburger Leichtathl­etik“das Walter-Heugl-Memorial ins Leben rief, war in Salzburg plötzlich auch Weltklasse zu sehen. Heugl-Nachfolger Franz Löberbauer rückte den damals noch üblichen Fünfkampf in den Mittelpunk­t des Geschehens – er selbst war ja drei Mal österreich­ischer Meister in diesem Bewerb gewesen. Mit kleinem Budget konnten vor allem deutsche Weltklasse-Zehnkämpfe­r engagiert werden, sie gingen in Itzling auf Jagd nach dem Weltrekord des Amerikaner­s Bill Toomey (4092 Punkte). Der Mainzer Guido Kratschmer, Olympiazwe­iter und 1980 Weltrekord­mann im Zehnkampf, verpasste Toomeys Marke beim Heugl-Meeting 1984 um 60 Punkte. „Ich komme nächstes Jahr wieder, da wird die Marke fallen“, verabschie­dete sich Kratschmer. Und er kam vor ziemlich genau 35 Jahren wieder nach Salzburg, zusammen mit seinem Clubkolleg­en Vizeweltme­ister Siegfried Wentz.

Neuerlich wurde der Toomey-Weltrekord angegriffe­n. Das Pech an diesem Tag: Es herrschte extrem unfreundli­ches Wetter mit nur 13 Grad. Die beiden Deutschen lieferten sich ein packendes Duell, Kratschmer verfehlte den Weltrekord um 54 Punkte. Im Rahmenprog­ramm warf der Deutsche Alwin Wagner den Diskus auf 62,42 Meter – bis heute der weiteste je auf Salzburger Boden gemessene Wurf.

Mit 1985 verabschie­dete sich die Leichtathl­etik aus Itzling, das nächste Heugl-Memorial war für Mitte Mai 1986 in Rif angesetzt – und fiel den Folgen der Reaktorkat­astrophe von Tschernoby­l zum Opfer. Und damit verschwand es auch endgültig aus dem Veranstalt­ungskalend­er.

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BILD: SN/ARCHIV Den Speerwurf-Weltrekord in Salzburg zwei Mal verfehlt: Guido Kratschmer aus Mainz.

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