Opposition kritisiert „Mistkübel-Budget“
SPÖ, FPÖ und Neos verlangen in seltener Einigkeit aktuelle Budgetzahlen vom Finanzminister.
Die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und Neos haben am Freitag gemeinsam gegen den kommende Woche im Nationalrat bevorstehenden Budgetbeschluss protestiert und der türkis-grünen Regierung eine grobe Missachtung des Parlaments vorgeworfen. Stein des Anstoßes ist die Tatsache, dass Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) dem Parlament Budgetzahlen vorlegt, die vor der Coronakrise erstellt wurden.
Somit steht fest, dass die Eckwerte des Blümel-Entwurfs nicht annähernd halten werden. Ursprünglich hat die Regierung für heuer Einnahmen von 81,8 Milliarden und Ausgaben von 82,4 Milliarden Euro eingeplant. Beide Zahlen sind aber Makulatur: Wegen des massiven Einbruchs der Wirtschaft durch die Coronapandemie und den zu ihrer Eindämmung verhängten Lockdown wird der Bund heuer deutlich weniger einnehmen und gleichzeitig viel mehr Geld ausgeben. Auf aktuellere Zahlen will sich das Finanzministerium zur Empörung der Opposition
nicht einlassen. ÖVP und Grüne wollen der Regierung aber per Überschreitungsermächtigung erlauben, die vorgesehenen Ausgaben um 28 Milliarden Euro zu überziehen. Damit könnte der Bund heuer bis zu 110 Milliarden Euro ausgeben.
SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer bezeichnete den auf Vor-CoronaZahlen basierenden Entwurf als
„Fake-Budget“und „Altpapier“, FPÖ-Budgetsprecher Hubert Fuchs sprach von einem „Mistkübel-Budget“. Neos-Budgetsprecherin Karin Doppelbauer forderte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka zum Einschreiten auf.
Finanzminister Gernot Blümel verteidigte am Rande einer Pressekonferenz seine Weigerung, das Budget zu aktualisieren: Wegen der
Unwägbarkeit der Krise könne man keine genaue EinnahmenAusgaben-Schätzung machen. Die Wirtschaftsforscher gingen von einem Rückgang von 3,5 bis 9 Prozent aus. „Welche Zahl sollte man als Grundlage für die Einnahmenschätzung nehmen? Jede wird falsch sein“, so Blümel.
Wie wenig das Budget 2020 noch der Realität entspricht, zeigt sich besonders bei Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP). Der Entwurf sieht für den Arbeitsmarkt 8,4 Milliarden Euro vor. Doch allein für die Kurzarbeitshilfen werden aktuell zusätzlich noch einmal zwölf Milliarden veranschlagt, dazu kommt die höhere Arbeitslosigkeit. Vergleichsweise wenig kostet die Aufstockung der Notstandshilfe auf die Höhe des Arbeitslosengeldes: 108 Millionen Euro. Im Familienbudget sind Ausgaben von 7,4 Milliarden Euro eingeplant. Die Einnahmen des Familienfonds werden um zumindest 267 Millionen Euro sinken.