Reden trotz Maske und Plexiglas
Schutzmaske vor dem Mund und Scheibe zwischen Gesprächspartnern: Kommunikation war schon einfacher. Für Commend eine Chance.
SALZBURG. Man muss nicht schwerhörig sein, um derzeit manchen schlecht zu verstehen: Ob die Kassierin hinter der Plexiglasscheibe oder die Oma durch die Besuchertrennscheibe im Seniorenheim. „In manchen Bereichen gibt es eine völlig neue Nachfrage“, sagt Commend-Chef Martin Gross. Das Salzburger Unternehmen ist Weltmarktführer, wenn es um Kommunikationslösungen in schwierigen Bereichen geht – ob die Notrufsäule in der U-Bahn, wo Hilferufende auch verstanden werden müssen, wenn gerade der Zug einfährt, die sterilen Sprechanlagen in Operationssälen, oder Kommunikationsanlagen im Tunnel, in Parkgaragen oder auf der Segelyacht. Jetzt gibt es neue Felder: Ein Seniorenheim habe man rechtzeitig zum Muttertag mit einer Sprechanlage für den durch Glasscheibe getrennten Besucherbereich ausgestattet, ein
Krankenhaus in den USA mit mobilen Sprechgeräten für jedes Nachtkästchen der Coronastation, damit Ärzte nicht bei jeder kurzen Frage des Patienten die komplette Schutzausrüstung anziehen müssen. Blaulichtorganisationen lieferte man
Sprechstellen für den CoronaDrive-In. Auch heimische Verkehrsbetriebe tüftelten derzeit daran, wie man Infoschalter für Mitarbeiter sicherer ausgestalten könne, sagt Gross. Zwar verzeichne auch Commend durch Corona Rückgänge, vor allem weil man in Ländern wie Italien oder Teilen der USA zuletzt nicht auf Baustellen durfte. „Im Gesundheitsbereich und bei öffentlicher Infrastruktur Nachfrage aber riesig.“
Kurzarbeit habe Commend – mit 210 Mitarbeitern in Salzburg – zwar vorsichtshalber angemeldet, bisher aber nicht in Anspruch genommen. „Wir produzieren voll.“Geholfen habe, dass man fast alle Komponenten aus Österreich oder dem nahen Ausland beziehe, Material hatte man damit genug. Forschung, Entwicklung und Produktion sind im Salzburger Werk in Liefering. „Wir können so rasch reagieren.“Außerdem profitiere man derzeit von der Diversität der vielen Produkte, die man je nach Bedarf kombinieren könne. „Ein bisschen wie ein LegoBaukastensystem“, erklärt Gross.
95 Prozent des Umsatzes von zuletzt 85 Mill. Euro macht man im Export, weltweit beschäftigt Commend, Teil der niederländischen TKH-Gruppe, 600 Mitarbeiter.
Die Hygieneanforderungen habe man weiter erhöht, sagt Gross, etwa durch Touch-Sprechstellen, die kei
ist
die ne Knöpfe mehr haben und damit leicht abgewischt werden können. Zunehmend interessant würden in Zeiten von möglichst wenig direktem Kontakt Systeme mit automatisierter Spracherkennung. „Ivy“heiße die „Alexa“von Commend. In der Londoner U-Bahn laufe dazu eine Testinstallation an Help Points. Kundenfragen – was das Ticket kostet; wo man umsteigen muss – werden automatisch beantwortet, nur bei Problemen wird der zuständige Mitarbeiter eingeschaltet. „Das Schwierige ist da weniger die Technik, als dass die Spracherkennung auch bei den lauten Hintergrundgeräuschen der U-Bahn funktioniert.“
Dass jetzt jedes Unternehmen seinen Portier oder die Kassierin durch Plexiglas und Sprechanlage schützt, glaubt Gross dennoch nicht. „Der öffentliche Bereich, Verkehrsbetriebe und Krankenhäuser reagieren, der Rest der Unternehmen wird die Krise lieber durchtauchen, das ist billiger.“
„Sprechstellen zu 95 Prozent für Export.“