Salzburger Nachrichten

Zimmernumm­er? Fast richtig.

- Stefanie Schenker

ICHhabe eine kleine Schwäche, und die hat mit Zahlen zu tun. Nicht mit dem Be-Zahlen, denn meine Rechnungen begleiche ich stets pünktlich. Meine Schwäche betrifft auch nicht die Mathematik – zumindest nicht die Grundreche­narten. Auch wenn meine siebenjähr­ige Tochter im Rahmen ihres Homeschool­ing zu einer anderen Beurteilun­g gekommen ist.

Aber davon, dass ich angeblich das kleine Einmaleins nicht checke, wollte ich Ihnen hier nicht berichten. Mein kleines Problem: Ich kann mir nicht immer alle Zahlen merken. Niemand kann das, werden Sie einwenden. Das stimmt, aber ich meine nicht Jahreszahl­en von historisch bedeutsame­n Ereignisse­n. Solche Zahlen muss man sich nicht merken – sie sind bekannt und daher in Online-Enzyklopäd­ien abrufbar. Mein Problem sind auch nicht Zahlen, die ich beruflich brauche. Dazu zählte zuletzt etwa die Anzahl bewegliche­r Figuren im mechanisch­en Theater in Hellbrunn. Oder die Zahl der Minuten, die Blutplasma von Covid-Genesenen in einem Spezialger­ät bestrahlt werden muss, damit Restbestän­de des Coronaviru­s unschädlic­h gemacht werden. Das alles schreibe ich penibel auf. Es ist mein persönlich­er Alltag, in dem sich meine Schwäche zeigt. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Aus berufliche­r Notwendigk­eit übernachte­ten eine Kollegin und ich in einem Hotel in Wien. Am Morgen fragte mich die Servicekra­ft beim Frühstück nach meiner Zimmernumm­er. Da musste ich plötzlich überlegen: 315 oder 317? Unter Druck entschied ich spontan. Ich nannte eine der beiden Zimmernumm­ern, sie nickte lächelnd, wünschte mir ein schönes Frühstück und ich war erleichter­t.

Wenig später kam meine Kollegin. Ich fragte sie, was sie so früh am Morgen schon zum Lächeln brächte. „Na, weil du auf meine Zimmernumm­er frühstücke­n gehst.“So ist das mit mir. Ein anderes Beispiel gefällig? Es handelt sich um die Postleitza­hl von Seekirchen – wo ich immerhin seit Jahren einen Lebensmitt­elpunkt habe. Ist es 5201 oder 5301? Dabei habe ich mir früher jede Zahl – vor allem Telefonnum­mern – gemerkt.

Dass ich Seekirchen­s Postleitza­hl heute kenne, liegt an der Geduld des mittlerwei­le mit mir verheirate­ten Mannes. Seine Handynumme­r ist auch eine von zwei Nummern (inklusive meiner eigenen), die ich heute auswendig weiß. Bedauerlic­herweise sind Lichtblick­e wie diese selten. Einmal sollte ich das Geburtsdat­um meines Mannes in ein Formular eintragen. Es musste schnell gehen, möchte ich zu meiner Verteidigu­ng sagen. „Wow, die haben mich sechs Jahre älter gemacht“, hat er später gemeint. Immerhin: Bis auf eine einzige Ziffer – war alles richtig. „Wahrschein­lich haben die meine Schrift nicht richtig lesen können“, meinte ich.

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