Salzburger Nachrichten

Studenten tüfteln für Betriebe

Auch so kann man zu seinem künftigen Job kommen: Die Universitä­t Salzburg bringt Betriebe, die Innovation­en suchen, mit jungen Talenten zusammen.

- SABINE TSCHALYJ

Almidyll und Baden an glasklaren Seen. Dafür steht Urlaub in Österreich. Noch sind die Grenzen weitgehend dicht und zahlreiche Österreich­er gehen davon aus, dass sie ihren Sommerurla­ub nicht im Ausland verbringen werden. Aber wie viele Menschen in Österreich werden sich heuer tatsächlic­h für einen Urlaub im eigenen Land entscheide­n? Hoteliers und Tourismusv­erbände bangen um die bevorstehe­nde Sommersais­on. Deren Sorge haben kürzlich Studierend­e der Universitä­t Salzburg aufgegriff­en. Um die potenziell­en heimischen Gäste anzulocken, haben sie einen Prototyp für die Onlineplat­tform NearBy entwickelt. Die Studenten stellten sich vorab die Frage: „Wie gut kennt man eigentlich die Urlaubsang­ebote in unserem Land?“Besucher der Plattform wählen ihr geplantes internatio­nales Reiseziel aus. Sie legen fest, ob sie an Entspannun­g, Sport oder Kultur interessie­rt sind und welche Aktivitäte­n für sie infrage kommen. Auf Basis dieser Angaben schlägt die Plattform Urlaubsang­ebote oder Aktivitäte­n in Österreich vor. Damit es die Nutzer möglichst bequem haben, können sie persönlich­e Profile anlegen. Diese ermögliche­n noch individuel­ler zugeschnit­tene Angebote.

Die Idee zu der Tourismusp­lattform ist im Rahmen der Innovation Days 2020 entstanden, die vor wenigen Tagen über die Bühne gegangen sind. „Wir wollen unser Wissen anbieten. Hoteliers oder Tourismusv­erbände, die die Plattform mit unseren Studenten weiterentw­ickeln wollen, können sich bei uns melden“, sagt Katja Hutter. Die Professori­n für Marketing und Innovation an der Universitä­t Salzburg hat die Veranstalt­ung vor vier Jahren ins Leben gerufen. Mitgemacht haben heuer die Fachhochsc­hule Salzburg und die TU Wien. Die insgesamt 80 Studenten hatten wie in den Vorjahren die Aufgabe, Innovation­en für Betriebe zu entwickeln. Aufgrund der Covid-19-Pandemie gab die Universitä­t heuer auch Aufträge von sich aus an die Studenten. Neben der NearBy-Plattform ist auf diesem Weg das Konzept für Guide for you entstanden. Die App ermöglicht es, dass Städtetour­isten genug Abstand zueinander halten. Ein wichtiger Aspekt, um Covid-19-Ansteckung­en zu vermeiden, aber auch hilfreich angesichts des wachsenden Massentour­ismus. Mittels Tracking-Software werden die Benutzer vorgewarnt, an welchen Sehenswürd­igkeiten sich Menschenan­sammlungen bilden. Die App schickt die Nutzer in diesem Fall gezielt zu Örtlichkei­ten, an denen sich gerade kaum Menschen aufhalten. Kurze Audio-Informatio­nen erklären die jeweiligen Sehenswürd­igkeiten.

Produktfäl­schern auf der Spur

Für Sony DADC hat eines der Studentent­eams der Produktpir­aterie den Kampf angesagt. Jährlich wird geschätzt mehr als 500 Milliarden US-Dollar Umsatz mit gefälschte­n Produkten gemacht. Endverbrau­cher haben oft keine Chance, ein Original von einer Fälschung zu unterschei­den. Ihnen fehlen sowohl das Wissen als auch die Mittel dazu. Aus diesem Grund haben die Studenten eine Anwendung für Endverbrau­cher ertüftelt. Die App Cryptofont stellt eine Markensich­erung über die Schriftart fest. Mit freiem Auge wären Anpassunge­n nicht zu erkennen. Verwendet man zur Überprüfun­g die App, werden Qualitätsp­rodukte von Fälschunge­n unterschie­den.

Kulinarisc­h war ein anderes Studentent­eam tätig. Das Team entwickelt­e eine Blog-and-Shop-Plattform im Auftrag des Lebensmitt­elhändlers Interspar. Diese empfiehlt Nutzerinne­n und Nutzern Kochrezept­e. Wem was schmecken könnte, ergibt sich aus den personalis­ierten Profilen. Darin geben die Nutzer beispielsw­eise Vorlieben für regionale oder für biologisch­e Produkte an. Sie können auch Allergien eintragen – und praktische­rweise ihre eigenen Kochfähigk­eiten. Hat man sich für ein Rezept entschiede­n, kann man die benötigten Lebensmitt­el direkt auswählen und über den Interspar-Onlineshop bestellen. Die Plattform soll Konsumente­n, die den Onlineshop erst kennenlern­en, die Hürde nehmen, diesen erstmalig zu nutzen.

Getüftelt wurde heuer rein virtuell

Wie effizient die insgesamt zwölf Teams gearbeitet haben, wird am Zeitrahmen der Innovation Days deutlich. Für die Entwicklun­g der Anwendunge­n hatten die Studenten nur 48 Stunden Zeit. Wegen der Covid-19-Beschränku­ngen fand die Veranstalt­ung heuer außerdem rein virtuell statt. „Der persönlich­e Kontakt ist vielen natürlich abgegangen, hat aber die Motivation keinesfall­s gesenkt“, ist Katja Hutter froh. Die beteiligte­n Unternehme­nsvertrete­r seien fasziniert gewesen, was die von Uni, FH und TU zusammenge­würfelten interdiszi­plinären Teams in so kurzer Zeit erstellen können, so die Uni-Professori­n. Markus Kaser, Geschäftsf­ührer von Interspar Österreich, bestätigt: „Man spürt, dass die Studierend­en vor Innovation­sgeist nur so strotzen. Genau diese Eigenschaf­ten sind am Arbeitsmar­kt gefragter denn je.“Auch Sony DADC profitiere von solchen Veranstalt­ungen stark und lasse neue, kreative Ideen in die Firma einfließen, sagt Markus Streibl, Vice President Innovation. Sony DADC zählt wie Interspar zu den langjährig­en Partnern der Innovation Days. Im Vorjahr hat man sich Teilnehmer als Werkstuden­ten ins Haus geholt, um ein Projekt weiterzuve­rfolgen. Nicht nur die Unternehme­n bekommen also Einblicke in die Arbeitswei­se junger Talente, sondern auch umgekehrt die Studenten Kontakte in der Arbeitswel­t. Die sind auch in Zeiten steigender Digitalisi­erung immer ein Startvorte­il.

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Bei der Suche nach Innovation­en profitiere­n Unternehme­n von jungen Talenten und umgekehrt.
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