Franziskaner schaffen ein Jahrhundertwerk
Binnen drei Wochen wurde aus dem Kloster eine der größten Baustellen der Salzburger Altstadt.
SALZBURG. Hinter einer simplen Tür eröffnet sich eine Überraschung: Plötzlich tut sich weite Helligkeit auf, wie sie in ein Barockschloss passt. Das von zwei Seiten einfallende Tageslicht, die großzügigen Proportionen und der Stuck erzeugen eine Annehmlichkeit, in der man gern verweilt. Vor wenigen Wochen war hier das schlichte Refektorium des Franziskanerklosters. Jetzt, im Wegnehmen alter Böden und alter Möbel, ist daraus geworden, was Pater Oliver „Sommerrefektorium“nennt.
Was geht da vor? Passt das zum Bettelorden der Franziskaner? Der Orden hat sich nach der NotSanierung des Kirchturms – im Herbst 2017 waren Steine herabgefallen – auf das nächste Bauvorhaben eingelassen: die Renovierung des Klosters. Beim Rundgang durch die Baustelle mit Pater Oliver und Pater Thomas wird klar: Das wird ein Jahrhundertwerk, was der Orden hier mithilfe von Denkmalamt, Stadt und Land Salzburg leistet.
Bis 2023 werden Haus, Kreuzgang und Garten an der Franziskanergasse saniert. „Das Projekt kostet – Luft anhalten! – elf Millionen Euro“, sagt Pater Oliver. Mit dem seit Jahren immer wieder verschobenen Baubeginn sei nicht mehr zuzuwarten gewesen: Decken seien einsturzgefährdet, Wasser- und Stromleitungen seien alt. „Die Zentralheizung hat 1938 die Gestapo eingebaut“, aus dieser Zeit seien auch die Rohre.
Aufgabe und Aufwand der Rettung des Gebäudes, dessen Grundstruktur Erzbischof Wolf Dietrich dem Orden überlassen hat, sind so immens, dass die
Franziskaner erwogen haben Salzburg überhaupt zu verlassen.
„Wir haben uns überlegt: Schaffen wir das?“, gesteht Pater Oliver als Provinzial. Ausschlaggebend für den Verbleib sei dreierlei gewesen: Erstens die Gottesdienstgemeinschaft, also die herzliche Beziehung zu vielen Messbesuchern. Zweitens bleiben die Franziskaner der nach ihnen benannten und von ihnen stets gepflegten Kirche treu. Drittens werde die Provinzleitung für Österreich, Südtirol und Schweiz nach dem Umbau nach Salzburg verlegt, kündigt Pater Oliver an.
Es ist unfassbar, wie das Kloster seit Ende April in eine Baustelle verwandelt wurde. Der von
Bruder Beda gepflegte Garten im Hof musste Baumaschinen weichen. Nur an der Mauer ist den Kletterrosen und einigen Topfpflanzen ein 40 Meter langer Streifen geblieben. „Wir haben jetzt den längsten und schmälsten Garten von Salzburg“, sagt Bruder Beda mit Humor.
„Wir haben die Coronazeit genutzt und viel selbst gemacht“, berichtet Pater Oliver. „Eigenleistung ist billiger.“Die neun Mönche – der zehnte weilt in Rom – hätten alte Böden herausgerissen. Was darunter an Schutt hervorkommt, nehmen sich zuerst die Archäologen vor. Teilweise wurden auch barocke Holzböden enthüllt. Das Inventar ist weggeschafft, darunter sogar einige Möbel der Gestapo mit NSReichsadler oder des nach dem Krieg hier eingezogenen Rundfunks. Die Mönche haben ihre Zellen in jene Räume verlagert, die bis vor Kurzem vom Land Salzburg für Büros gemietet waren. „So schön haben wir lange nicht gewohnt.“
Die Sanierung von Kirchturm und Hochchor, die bis Ende Juni fertig sein sollte, sei mit großzügigen Spenden – viele aus dem
Land Salzburg – möglich geworden, berichtet Pater Thomas. Da die für die Klostersanierung nötig werdenden elf Mill. Euro erst zu zwei Drittel von Orden, Diözese und öffentlichen Geldgebern finanziert sind, bitten die Franziskaner neuerlich um Spenden.
„Wir haben uns überlegt: Schaffen wir das?“