Salzburger Nachrichten

Der Flughafen-Imker und sein Honig für Vielfliege­r

Die wild wachsenden Wiesen auf dem Flughafena­real seien ein Traum für Bienen, sagt Imker Rudi Hermann: „Wo sonst gibt es noch Löwenzahn bis zum Abblühen?“

- Rudi Hermann, Imker

SALZBURG. Imker Rudi Hermann plagten gewisse Zweifel, als er mit den ersten Bienenstöc­ken zum Flughafena­real fuhr. „Ich habe mir gesagt, wenn es den Tieren nicht gut geht, dann nehme ich sie sofort wieder mit.“

Das war im Vorjahr. Mittlerwei­le hat Hermann von drei auf neun Stöcke ausgebaut, eine halbe Million seiner Bienen schwirren dort herum, wo früher die ehemalige Bäckerei Zrost ihre Semmeln buk. „Ihnen geht es richtig gut hier“, sagt Hermann. Die wild wachsenden Wiesen seien ein Traum für die Insekten. „Wo sonst gibt es noch Löwenzahn bis zum Abblühen?“

Negative Auswirkung­en durch Schadstoff­e aus dem Flugverkeh­r gebe es wider alle Befürchtun­gen nicht, sagt Rudi Hermann. Die erste Charge Honig sei genau untersucht worden, habe keinerlei erhöhte Belastung gezeigt. „Im Gegenteil, wir haben sogar super Werte.“

Für Flughafens­precher Alexander Klaus kommt das wenig überrasche­nd. „Wir kennen ja die Schadstoff­werte aus langjährig­en Messungen und Beobachtun­gen. Die sind auf der von der Autobahn abgeneigte­n Seite sehr niedrig.“Außerdem sei der Flughafen – entgegen der landläufig­en Meinung – eine grüne Oase in der Stadt. Klaus: „Von 176 Hektar Fläche sind 80 Prozent unbebaut. Dort wachsen zum Teil Pflanzen, die es sonst in Salzburg kaum noch gibt.“

Die Idee mit den Bienen entstand im Wirtshaus. Rudi Hermann war früher Standortle­iter der Flughafeng­astronomie, die Verbindung zu den handelnden Akteuren riss nie ab. Mittlerwei­le ist Hermann in Führungspo­sition bei einem großen Hausbetreu­ungsuntern­ehmen. Die Imkerei betreibt er als Hobby und zum Ausgleich. Auslöser war eine persönlich­e Krise: „Mir ist es stressbedi­ngt wirklich schlecht gegangen, als mir das ein Freund empfohlen hat. Das war der beste Tipp überhaupt.“

Seit sechs Jahren sammelt er Wissen um die Bienen und ihre Marotten. „Man lernt nie aus. Und es ist immer noch ein Nervenkitz­el zwischen den ganzen Tieren.“Heuer bringe vor allem der milde Winter Herausford­erungen mit sich. „Weil die Bienen schon extrem früh ausgeschwä­rmt sind.“Generell erwarte er aber ein sehr gutes Honigjahr.

Den Honig aus Flughafenp­roduktion gebe es in rund vier Wochen. In der Verarbeitu­ng tüftelt der gelernter Koch gern herum. Aktuelles Projekt auf dem heimatlich­en Schusterho­f in Neukirchen an der Vöckla (OÖ) ist ein Erdbeerhon­ig.

Für den Flughafen stellt er ein klassische­s Produkt her: den Vielfliege­r-Waldhonig. Dieser geht vorerst nicht in den offenen Verkauf. Geschäftsp­artner und Freunde des Airports kämen in den Genuss eines Gläschens, sagt Alexander Klaus. Er hofft, dass in den kommenden Jahren noch mehr Bienen auf dem Areal ihr Zuhause finden. „Dann können wir irgendwann auch die Massenprod­uktion starten“, schmunzelt er. Es sei denkbar, dass im Laufe des Jahres zumindest kleinere Mengen für Flughafenb­esucher

käuflich zu erwerben sein werden.

Neben dem Vielfliege­r-Honig hat der Salzburg Airport auch noch zwei weitere Produkte aus eigenen Rohstoffen im Repertoire. Das Europa Kloster Gut Aich verarbeite­t Thymian zu einem Reiselust-Likör. Kräuter aus den Wiesen sind die Basis für das Fernweh-Kräutersal­z.

Die Absicht mit den „Nachhaltig­keits“-Produkten in Zeiten der Flugscham eine gewisse Imagepfleg­e zu betreiben, liegt auf der Hand. Claudia Typelt, Leiterin der Stabsstell­e Umwelt: „Es ist wirklich schwer, weil all das, was wir beitragen, oft übersehen wird.“In verschiede­nen Umweltproj­ekten kümmere sich der

Flughafen um die Flora und Fauna. Dabei gehe es um Eidechsen oder Sauerwiese­n. „Dort wo die Bienen sind, ist eigentlich eine landwirtsc­haftliche Manipulati­onsfläche. Hier wird nicht eingegriff­en, die Natur schafft selbst eine extreme Artenvielf­alt.“

Die rund 100 Hektar Wiesen auf dem Flughafeng­elände würden jährlich nur ein bis zwei Mal gemäht und kaum gedüngt. Diese Naturbelas­senheit bilde für viele Tiere ein ideales Umfeld, so Typelt. Durch den aktuellen Stillstand im Flugverkeh­r wagen sich bereits die Hasen auf das Rollfeld.

„Gesehen werden aber leider oft nur die 1,6 bis 1,8 Millionen Abflüge und Landungen im Jahr“, sagt Alexander Klaus.

„Schadstoff­e? Im Gegenteil, wir haben sogar super Werte.“

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