So kommt der Untersuchungsausschuss nicht in die Gänge
Formale Spitzfindigkeiten, Streitereien über die Spielregeln und parteipolitisches Geplänkel helfen nicht bei der politischen Aufklärung.
Geschäftsordnungsdebatten ohne Ende. Auskunftspersonen, die nichts zu den Vorgängen rund um die Ibiza-Affäre sagen wollen. Egal ob zu Parteispenden, zu Glücksspiellizenzen oder Postenschacher. Das ist die Bilanz der ersten drei Tage des Ibiza-Untersuchungssausschusses. In uferlosen Diskussionen machen die Ausschussmitglieder sich selbst und ihre Arbeitsweise zum Thema und nicht die Hintergründe der Ibiza-Affäre. So wird der 31. parlamentarische Untersuchungsausschuss der Zweiten Republik nicht in die Gänge kommen.
Immer wieder berufen sich Auskunftspersonen auf ihr Recht, die Aussage zu verweigern. Das dürfen sie, um sich nicht selbst in einem parallel laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren zu belasten. Eine langwierige politische Aufarbeitung der Ibiza-Affäre ist damit programmiert.
Nun ist es wenig überraschend, dass die Durchleuchtung der Ibiza-Affäre mit all ihren Nebenschauplätzen lang dauern wird. Ebenso wenig kann verwundern, dass sich Auskunftspersonen, gegen die gleichzeitig die Korruptionsjäger ermitteln, nicht selbst belasten wollen. Dessen ungeachtet zeigen sich wieder einmal die Schwächen eines parlamentarischen U-Ausschusses: Strenge formale Vorgaben, ständige Diskussionen über die Auslegung der Spielregeln und parteipolitisches Geplänkel der Abgeordneten helfen nicht bei der politischen Aufklärung.
Wer einen guten juristischen Beistand hat, kommt bei der Befragung durch den U-Ausschuss glimpflich davon. Klar: In einem Rechtsstaat darf eine solche Untersuchung nicht zum parteipolitischen Tribunal ausarten. Doch wenn die strenge Geschäftsordnung zur Ausrede für jene werden, die keine unbequemen Fragen beantworten wollen, dann müssen wohl die Spielregeln teilweise neu gedacht werden.
Eine zügige Ausschussleitung könnte hilfreich sein, aber auch die fehlt diesem Ausschuss über weite Strecken, was wiederum zu so mancher Disziplinlosigkeit im Hohen Haus führt. Vor allem die beiden Ibiza-Hauptdarsteller Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus gaben zum Start des Ausschusses mitunter sehr pampige Antworten. Vor dem U-Ausschuss besteht zwar Wahrheitspflicht, und es geht teilweise zu wie vor Gericht. Aber so manche Antwort würden die Auskunftspersonen vor Gericht mit Sicherheit nicht zu geben wagen. Etwa die Replik: „Zu einer Parkbank?“auf die Frage eines Abgeordneten, welche Beziehung der Befragte zu einer Bank habe.
Die wirkliche Stärke eines U-Ausschusses liegt in seiner Öffentlichkeitswirkung. Politische Vorgänge, Hinterzimmergespräche und problematische Entscheidungen kommen plötzlich in das Licht der Öffentlichkeit. Vor allem die Befragung von Beamten gibt meist mehr Einblick in die politische Maschinerie als so manch prominenter Zeuge. Der Ausschuss kann also viel bewirken. Dafür muss er aber den dramaturgischen Spannungsbogen aufrechterhalten. Überlange und inhaltsarme Befragungen stärken das Vertrauen in die politische Aufklärung nicht, sondern wirken abschreckend. „Was bringt das?“, fragen sich viele. Man kann aber auch fragen: Was haben jene zu verbergen, die sich vor dem U-Ausschuss so schweigsam zeigen?