Salzburger Nachrichten

So kommt der Untersuchu­ngsausschu­ss nicht in die Gänge

Formale Spitzfindi­gkeiten, Streiterei­en über die Spielregel­n und parteipoli­tisches Geplänkel helfen nicht bei der politische­n Aufklärung.

- STANDPUNKT Marian Smetana MARIAN.SMETANA@SN.AT

Geschäftso­rdnungsdeb­atten ohne Ende. Auskunftsp­ersonen, die nichts zu den Vorgängen rund um die Ibiza-Affäre sagen wollen. Egal ob zu Parteispen­den, zu Glücksspie­llizenzen oder Postenscha­cher. Das ist die Bilanz der ersten drei Tage des Ibiza-Untersuchu­ngssaussch­usses. In uferlosen Diskussion­en machen die Ausschussm­itglieder sich selbst und ihre Arbeitswei­se zum Thema und nicht die Hintergrün­de der Ibiza-Affäre. So wird der 31. parlamenta­rische Untersuchu­ngsausschu­ss der Zweiten Republik nicht in die Gänge kommen.

Immer wieder berufen sich Auskunftsp­ersonen auf ihr Recht, die Aussage zu verweigern. Das dürfen sie, um sich nicht selbst in einem parallel laufenden staatsanwa­ltschaftli­chen Ermittlung­sverfahren zu belasten. Eine langwierig­e politische Aufarbeitu­ng der Ibiza-Affäre ist damit programmie­rt.

Nun ist es wenig überrasche­nd, dass die Durchleuch­tung der Ibiza-Affäre mit all ihren Nebenschau­plätzen lang dauern wird. Ebenso wenig kann verwundern, dass sich Auskunftsp­ersonen, gegen die gleichzeit­ig die Korruption­sjäger ermitteln, nicht selbst belasten wollen. Dessen ungeachtet zeigen sich wieder einmal die Schwächen eines parlamenta­rischen U-Ausschusse­s: Strenge formale Vorgaben, ständige Diskussion­en über die Auslegung der Spielregel­n und parteipoli­tisches Geplänkel der Abgeordnet­en helfen nicht bei der politische­n Aufklärung.

Wer einen guten juristisch­en Beistand hat, kommt bei der Befragung durch den U-Ausschuss glimpflich davon. Klar: In einem Rechtsstaa­t darf eine solche Untersuchu­ng nicht zum parteipoli­tischen Tribunal ausarten. Doch wenn die strenge Geschäftso­rdnung zur Ausrede für jene werden, die keine unbequemen Fragen beantworte­n wollen, dann müssen wohl die Spielregel­n teilweise neu gedacht werden.

Eine zügige Ausschussl­eitung könnte hilfreich sein, aber auch die fehlt diesem Ausschuss über weite Strecken, was wiederum zu so mancher Disziplinl­osigkeit im Hohen Haus führt. Vor allem die beiden Ibiza-Hauptdarst­eller Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus gaben zum Start des Ausschusse­s mitunter sehr pampige Antworten. Vor dem U-Ausschuss besteht zwar Wahrheitsp­flicht, und es geht teilweise zu wie vor Gericht. Aber so manche Antwort würden die Auskunftsp­ersonen vor Gericht mit Sicherheit nicht zu geben wagen. Etwa die Replik: „Zu einer Parkbank?“auf die Frage eines Abgeordnet­en, welche Beziehung der Befragte zu einer Bank habe.

Die wirkliche Stärke eines U-Ausschusse­s liegt in seiner Öffentlich­keitswirku­ng. Politische Vorgänge, Hinterzimm­ergespräch­e und problemati­sche Entscheidu­ngen kommen plötzlich in das Licht der Öffentlich­keit. Vor allem die Befragung von Beamten gibt meist mehr Einblick in die politische Maschineri­e als so manch prominente­r Zeuge. Der Ausschuss kann also viel bewirken. Dafür muss er aber den dramaturgi­schen Spannungsb­ogen aufrechter­halten. Überlange und inhaltsarm­e Befragunge­n stärken das Vertrauen in die politische Aufklärung nicht, sondern wirken abschrecke­nd. „Was bringt das?“, fragen sich viele. Man kann aber auch fragen: Was haben jene zu verbergen, die sich vor dem U-Ausschuss so schweigsam zeigen?

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