Wie Österreich die Reiselust entdeckte
Empfehlung der EU-Kommission an Mitgliedsstaaten für schrittweisen Abbau der Beschränkungen. Ab 16. Juni keine Covid-Tests und keine Quarantäne nach der Einreise nach Österreich für 31 Länder.
Die Sehnsucht nach unbeschwerten sommerlichen Reisen ist nicht nur in der Gegenwart der Coronakrise groß. Der Kaiser bei der Gamsjagd im Ausseerland, Postbusfahrten von Salzburg zum Millstätter See oder ein Ausflug mit dem Sessellift in Mariazell: Mit welchen Bildern und teils auch politischen (Heimat-)Botschaften die Sommerfrische in Österreich im vergangenen Jahrhundert beworben wurde, ist derzeit im Internet zu sehen. Von 1910 bis in die 1960erJahre reicht das Panorama an Tourismusfilmen, die das Filmarchiv Austria im Netz zeigt. Auch Reisen nach Zagreb, Budapest oder Meran wurden dem Publikum in altösterreichischen Werbefilmen schmackhaft gemacht. Damit schlagen die historischen Bilder auch einen Bogen zur aktuellen Debatte um die Wiederöffnung der Grenzen in Europa.
Das Einreisen in die EU soll nach Empfehlungen der EUKommission ab Juli aus bestimmten Ländern wieder möglich sein. Der in der Coronakrise verhängte Einreisestopp solle um zwei Wochen bis Ende Juni verlängert und dann schrittweise aufgehoben werden, schlug die EU-Behörde am Donnerstag vor.
Bis dahin sollten die EU-Staaten eine Liste mit Ländern erarbeiten, für die die Beschränkungen am 1. Juli aufgehoben werden könnten, sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. „Das wird alle Drittstaaten betreffen, die im Vergleich zur EU in einer ähnlichen oder besseren Situation sind.“Zu einzelnen Ländern wollte die Schwedin sich auch auf Nachfrage nicht äußern – mit Blick auf die Kriterien dürften Staaten wie die USA oder Russland, in denen die Lage derzeit deutlich schlechter als in der EU ist, allerdings zunächst nicht auf der Liste stehen. Vom Balkan könnten nach dem Willen der EU-Kommission allerdings bald wieder Reisende in die EU kommen.
Zur Eindämmung der Coronaviruspandemie hatten sich Mitte März alle EU-Staaten außer Irland sowie die Nicht-EU-Staaten Schweiz, Norwegen, Liechtenstein und Island darauf geeinigt, nicht zwingend notwendige Reisen in die EU zunächst zu verbieten. Der Einreisestopp war schon zwei Mal um jeweils 30 Tage verlängert worden und endet am Montag. Ein gemeinsames Vorgehen der europäischen Länder sei entscheidend, sagte Johansson und warnte, andernfalls drohten neue Kontrollen innerhalb Europas. Zugleich rief sie alle Staaten
dazu auf, schon bis Montag ihre in der Krise eingeführten Grenzkontrollen und Einreiseverbote innerhalb der EU und innerhalb des Schengenraums wieder aufzuheben.
Die Liste für jene Drittstaaten, aus denen bald wieder Menschen in die EU reisen dürfen, soll sich an drei Kriterien orientieren: Am wichtigsten sei die Virussituation in dem jeweiligen Land, sagte Johansson. Zudem müssten auf der Reise nach Europa Maßnahmen zur Eindämmung des Virus eingehalten werden können. Außerdem besteht die EUKommission auf Gegenseitigkeit – die Länder sollen also auch umgekehrt die Bürger aus anderen europäischen Staaten einreisen lassen.
Konkret wurde Johansson nur mit Blick auf die sechs Balkanstaaten Albanien, Kosovo, Nordmazedonien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Serbien. Diese Länder sollten von Beginn an auf der Liste sein, schlug sie vor. Dort sei die epidemiologische Situation vergleichbar mit dem EU-Durchschnitt oder sogar besser.
Vor der Wiederaufnahme des grenzüberschreitenden Reiseverkehrs in Europa in der kommenden Woche haben sich mehrere EU-Außenminister – darunter auch Ressortchef Alexander Schallenberg (ÖVP) – über die Maßnahmen zum sicheren Reisen in Zeiten der Coronapandemie ausgetauscht. Schallenberg berichtete in der Videokonferenz mit zwölf Amtskollegen zudem, dass „ab 16. Juni keine CovidTests oder Quarantäne nach der Einreise nach Österreich für insgesamt 31 Länder in Europa mehr nötig sein werden; davon ausgenommen sind bekanntlich Schweden, UK, Portugal und Spanien“.
Österreich setze damit einen „weiteren großen Schritt hin zur neuen Reisenormalität“, hieß es. In Bezug auf die Wiederherstellung der Reisefreiheit mit Drittstaaten habe Schallenberg an seine Kollegen appelliert, „eine gemeinsame Regelung zu finden und eng abgestimmt vorzugehen“. In der Videokonferenz am Donnerstag sei es konkret um Mindeststandards für Infektionsschutz und die örtliche Gesundheitsversorgung von Reisenden gegangen sowie darum, was im Falle wieder ansteigender Infektionszahlen unternommen werde, erläuterte der deutsche Außenminister Heiko Maas.