Salzburger Nachrichten

Wieso Facebook den Hass braucht

Ein Erklärungs­ansatz, warum Mark Zuckerberg Donald Trump stützt. Und wieso sich das auch so schnell nicht ändern wird.

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Und der blaue Riese bewegt sich doch: Nach Mitarbeite­rstreiks, Protestkün­digungen und massiver Medienkrit­ik verlautbar­te FacebookBo­ss Mark Zuckerberg vor einigen Tagen, die netzwerkei­genen Regeln zumindest zu prüfen. Etwa jenen Grundsatz, dass auf Facebook stehen bleiben muss, wenn ein Staat Gewalt androht. Auslöser waren Postings von Donald Trump zur „Black Lives Matter“-Bewegung wie: „Wenn Plünderung­en beginnen, wird geschossen.“Seit der Ankündigun­g Zuckerberg­s hat sich jedoch wenig getan. Und Branchenke­nner gehen davon aus, dass am Ende des Prozesses wohl ein, zwei öffentlich­keitswirks­ame AlibiSchri­tte stehen werden – aber kein Umdenken.

Umso mehr stellt sich die Frage, wieso sich Facebook derart uneinsicht­ig gibt. Etwa auch im Gegensatz zu Twitter oder Snapchat, die Trumps Postings immerhin weniger prominent platzieren oder einordnend­e Links dazusetzen. Ein Teil der Wahrheit fällt mit Sicherheit auf die Person Mark Zuckerberg zurück. Zum einen hat der Facebook-Gründer seit jeher ein eigenwilli­ges Verständni­s von Demokratie und Bürgerrech­ten. Die Datenschut­zdebatte ist bester Beleg dafür. Zum anderen gilt der mittlerwei­le 36-Jährige als jemand, der sich für einen Kurs entscheide­t, diesen knallhart fährt – und nur bei allergrößt­em Gegenwind wendet.

Aber der Hauptgrund ist noch trivialer: Es geht um Geld. Um unglaublic­h viel Geld. Vor allem auf niederschw­elligen Social-MediaPlatt­formen gibt es kaum einen größeren Klickund somit Umsatztrei­ber als Hass. Für die Hetzer selbst sind die sozialen Netzwerke die einzige potenziell öffentlich­keitswirks­ame Bühne. Und selbst die Gegner der Hetzer befeuern Facebooks Geschäftsm­odell. Denn auch sie teilen die Hasspostin­gs. Zwar mit dem gesellscha­ftlich mehr als unterstütz­enswerten Hinweis, dass der jeweilige Beitrag kritisch zu hinterfrag­en oder gar das Allerletzt­e sei. Aber für

Facebook ist das nichts anderes als ein weiterer Klick, ein weiteres Posting, in dessen Umfeld Werbung geschaltet und somit Geld verdient werden kann. Selbst Social-Media-Experten gestehen: Mit der unglaublic­hen Reichweite von Hasspostin­gs können gar Katzenvide­os nur schwer mithalten.

Wenn Mark Zuckerberg sich dagegen wehrt, Gewaltaufr­ufe einzudämme­n, tritt er in erster Linie dafür ein, sein Geschäftsm­odell zu erhalten. Zumal der gegenteili­ge Weg nicht nur Umsatz kostet, sondern auch ordentlich Spesen bringen würde. Denn es bräuchte schon einige Mitarbeite­r, um allein die x Beiträge von Donald Trump akribisch zu prüfen und eventuell mit Warnhinwei­sen zu versehen. Und dann fehlen noch die restlichen 2,5 Milliarden Nutzer samt deren Postings.

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Ralf Hillebrand

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