Salzburger Nachrichten

Ladezeiten sind die neuen PS

Die Elektromob­ilität endgültig langstreck­entauglich machen – das ist eine der größten Herausford­erungen. In der Praxis hängt alles vom idealen Umgang mit den Akkus ab.

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Es bleibt abzuwarten, wann der Faktor Ladeleistu­ng die guten alten Pferdestär­ken als prestigere­ichsten Wert im Auto-Quartett ablöst. Fest steht: Während die in kW oder PS angegebene Leistung zumindest annähernd Rückschlüs­se darauf zulässt, wie ein Auto im Alltag funktionie­rt, ist das bei der Angabe der Ladeleistu­ng nur bedingt der Fall.

Wenngleich die allermeist­en Ladevorgän­ge eines Elektroaut­os aktuell am Arbeitspla­tz oder zu Hause stattfinde­n und der Faktor Zeit dabei meist keine maßgeblich­e Rolle spielt, zählt auf der Langstreck­e jede einzelne Minute, die man mehr oder weniger lang am Schnelllad­erkabel hängt. Um die Ladeeigens­chaften eines E-Fahrzeugs und damit seine Praxistaug­lichkeit zu beurteilen, orientiere­n sich viele Interessen­ten deshalb an der maximalen Ladeleistu­ng. Doch dieser Wert ist nur bedingt aussagekrä­ftig, wenn es um das zügige Aufladen von Reichweite an einer Schnelllad­esäule geht. Entscheide­nd für eine kurze und damit meist auch finanziell günstige Ladedauer ist eine hohe Ladegeschw­indigkeit über den gesamten Ladevorgan­g, also der Wert der nachgelade­nen kW pro Minute. Die Fähigkeit des

HPC-Schnelllad­ens (High Power Charging) mit möglichst hoher Leistung an der Ladesäule ist zwar eine Voraussetz­ung für wettbewerb­sfähige Ladezeiten, aber nicht der alles entscheide­nde Faktor. Mindestens genauso wichtig ist die hohe Stromaufna­hme der Batterie über einen weiten Bereich des Ladevorgan­gs. Lädt das Auto nur in einem vergleichs­weise kleinen Zeitfenste­r mit Höchstleis­tung und muss frühzeitig herunterre­geln, geht das zu Lasten des Zugewinns nachgelade­ner Batterieka­pazität pro Zeiteinhei­t. Somit sollte die Ladegeschw­indigkeit durch eine ideale Ladekurve mit möglichst lange anhaltende­r Höchstleis­tung für den Kunden das gewichtige­re Kriterium sein.

Möglich wird eine günstige Ladekurve durch das aufwendige Thermomana­gement. Bei modernen batterieel­ektrischen Fahrzeugen sorgt eine Flüssigkei­tskühlung ähnlich der Kühlung von Verbrennun­gsmotoren dafür, dass die Batteriete­mperatur auch bei hoher Belastung oder tiefen Außentempe­raturen stets im optimalen Wirkungsbe­reich von 25 bis 35 Grad bleibt.

Vom idealen Temperatur­fenster hängt neben der Ladeperfor­mance auch die langfristi­ge Haltbarkei­t der Akkus ab. Um die vom Hersteller angegebene Lebensdaue­r zu erreichen oder gar zu übertreffe­n, sollte man zudem so oft wie möglich mit reduzierte­r Leistung nachladen und Gleichstro­m-Schnelllad­er möglichst selten nutzen.

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BILD: SN/AUDI Aufladen als Wissenscha­ft: Der Umgang mit dem Akku entscheide­t über die Haltbarkei­t.

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