Ladezeiten sind die neuen PS
Die Elektromobilität endgültig langstreckentauglich machen – das ist eine der größten Herausforderungen. In der Praxis hängt alles vom idealen Umgang mit den Akkus ab.
Es bleibt abzuwarten, wann der Faktor Ladeleistung die guten alten Pferdestärken als prestigereichsten Wert im Auto-Quartett ablöst. Fest steht: Während die in kW oder PS angegebene Leistung zumindest annähernd Rückschlüsse darauf zulässt, wie ein Auto im Alltag funktioniert, ist das bei der Angabe der Ladeleistung nur bedingt der Fall.
Wenngleich die allermeisten Ladevorgänge eines Elektroautos aktuell am Arbeitsplatz oder zu Hause stattfinden und der Faktor Zeit dabei meist keine maßgebliche Rolle spielt, zählt auf der Langstrecke jede einzelne Minute, die man mehr oder weniger lang am Schnellladerkabel hängt. Um die Ladeeigenschaften eines E-Fahrzeugs und damit seine Praxistauglichkeit zu beurteilen, orientieren sich viele Interessenten deshalb an der maximalen Ladeleistung. Doch dieser Wert ist nur bedingt aussagekräftig, wenn es um das zügige Aufladen von Reichweite an einer Schnellladesäule geht. Entscheidend für eine kurze und damit meist auch finanziell günstige Ladedauer ist eine hohe Ladegeschwindigkeit über den gesamten Ladevorgang, also der Wert der nachgeladenen kW pro Minute. Die Fähigkeit des
HPC-Schnellladens (High Power Charging) mit möglichst hoher Leistung an der Ladesäule ist zwar eine Voraussetzung für wettbewerbsfähige Ladezeiten, aber nicht der alles entscheidende Faktor. Mindestens genauso wichtig ist die hohe Stromaufnahme der Batterie über einen weiten Bereich des Ladevorgangs. Lädt das Auto nur in einem vergleichsweise kleinen Zeitfenster mit Höchstleistung und muss frühzeitig herunterregeln, geht das zu Lasten des Zugewinns nachgeladener Batteriekapazität pro Zeiteinheit. Somit sollte die Ladegeschwindigkeit durch eine ideale Ladekurve mit möglichst lange anhaltender Höchstleistung für den Kunden das gewichtigere Kriterium sein.
Möglich wird eine günstige Ladekurve durch das aufwendige Thermomanagement. Bei modernen batterieelektrischen Fahrzeugen sorgt eine Flüssigkeitskühlung ähnlich der Kühlung von Verbrennungsmotoren dafür, dass die Batterietemperatur auch bei hoher Belastung oder tiefen Außentemperaturen stets im optimalen Wirkungsbereich von 25 bis 35 Grad bleibt.
Vom idealen Temperaturfenster hängt neben der Ladeperformance auch die langfristige Haltbarkeit der Akkus ab. Um die vom Hersteller angegebene Lebensdauer zu erreichen oder gar zu übertreffen, sollte man zudem so oft wie möglich mit reduzierter Leistung nachladen und Gleichstrom-Schnelllader möglichst selten nutzen.