Jede Seite bringt Ideen zum „Wolf “
Zum Leserbrief von Dr. Erik Schmid vom Montag, 8. Juni: Zuerst einmal meine Gratulation an diesen Leserbriefschreiber, bei dessen Text es sich um einen betont sachlichen, das weitgestreute Thema „WolfAlmwirtschaft“argumentativ hervorragend aufbereitenden Kommentar handelt. Dr. Schmid stellt berechtigterweise die Frage, was Charolais-Rinder auf österreichischen Almen zu suchen haben, die schon allein aufgrund ihres Gewichts inneralpin völlig untauglich sind. Warum nimmt man nicht altbewährte Rinderrassen, denen man vielleicht auch ihre Hörner belässt? Welch radikaler Vorschlag! Ich bin auf dem Land aufgewachsen, lernte Kühe aus nächster Nähe kennen, lebe noch immer auf dem Land und verstehe noch immer nicht, warum man den Kühen ihre einzige Selbstverteidigungswaffe, nämlich die Hörner, absägt.
Was mir aber besonders an diesem Leserbrief gefällt, ist die die Frage der Sozialisierung der Rinder in der Aufzuchtphase. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass ich als Kind viel auf benachbarten Bauernhöfen unterwegs war und dabei mitbekam, dass jede Kuh, jedes Kalb einen Namen hatte und auf den Bauern bzw. überhaupt auf Menschen fixiert war – und das ist keine nostalgisch-verklärte Rückschau.
Kühe, die in ihrem Aufwachsen Menschen kaum kennenlernen – auch die Fütterung geht ja großteils maschinell vor sich –, sehen den Menschen mehr oder minder als Feind bzw. als „Fremden“, vor dem sie auf der Hut sein müssen.
Letztere Argumentation bezieht sich natürlich auf die Probleme mit Wanderern, erstere auf Verteidigungsstrategien gegenüber Wölfen. Kurz angemerkt, jeder Wolf sucht das Weite, wenn ihm Kühe mit Hörnern drohend gegenüberstehen. Aber in dem billigen Aufschrei
„Wolf ist los“findet anscheinend jedes noch so sachliche, gerechtfertigte Argument kein Gehör mehr.
Noch etwas, ich bin kein Rousseau-verliebter, weltfremder Städter, der den Wolf um jeden Preis wieder ansiedeln möchte. Allerdings besteht ein Unterschied zwischen „WiederAnsiedeln“und durchziehenden Tieren. Hass und Verblendetheit auf der einen Seite und „Wolfsnostalgie“auf der anderen Seite haben beide keine Berechtigung. Wie wäre es damit? Jede Seite bringt ihre Ideen ein, wie man mit dem nun mal bestehenden Problem Wolf umgehen kann. Aber das scheint illusorisch zu sein in diesem seit Jahren schwelenden Konflikt. Mag. Brigitte Schamberger
4681 Rottenbach