Briten planen für die Zollkontrollen
Großbritannien hat am Freitag abgelehnt, die Brexit-Übergangsphase zu verlängern. Gelingt nun bis Jahresende kein neues Handelsabkommen, gibt es zwischen der EU und Großbritannien Zölle. Das macht ein bekanntes Problem akut.
Für Montag haben die EUSpitzen eine Videokonferenz mit dem britischen Premier Boris Johnson angesetzt. Es wird Bilanz gezogen über die Verhandlungen, deren Ergebnis das Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien sein soll. Was schon feststeht: Die Verhandlungen müssen bis Jahresende abgeschlossen sein. Eine Verlängerung der Frist haben die Briten am Freitag abgelehnt.
Formal wäre eine Verlängerung zwar noch bis Monatsende möglich, aber „nach meiner Einschätzung ist das definitiv das Ende der Debatte“, sagte Maroš Šefčovič, EU-Kommissions-Vizepräsident, nach dem Gespräch mit dem britischen Unterhändler Michael Gove. Dieser hätte in seiner Ablehnung nicht deutlicher sein können, sagte Šefčovič.
Gove selbst schrieb auf Twitter: „Am 1. Jänner 2021 werden wir uns die Kontrolle zurücknehmen und unsere politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit wiedererlangen.“Diese kommt aber nicht kostenlos. Gelingt in den verbleibenden Monaten der Übergangsphase kein Abkommen mit der EU, wird es einen Bruch mit Zöllen und anderen Handelshemmnissen geben.
Mit Zöllen rechnet die britische Regierung offenbar bereits. Noch am Freitag hat sie einen Fahrplan für Unternehmen herausgegeben, die Produkte aus der EU nach Großbritannien importieren. Weil sich diese wegen der Coronapandemie schlechter vorbereiten könnten, würden die neuen Grenzkontrollen in drei Stufen eingeführt, heißt es darin. Ab 1. Jänner 2021 müssen die Unternehmen demnach Buch über ihre Importe führen und binnen sechs Monaten eine Zollerklärung abgeben. Sofort ist diese nur bei kontrollierten Produkten wie Alkohol oder Tabak nötig. Ab April 2021 benötigen dann alle Produkte tierischen Ursprungs Voranmeldungen und Gesundheitszertifikate für die Einfuhr. Ab Juli 2021 müssen alle Zollerklärungen direkt beim Import vorliegen und der Zoll muss ohne Aufschub gezahlt werden.
Wie aus dem Papier zudem hervorgeht, werden neue Grenzeinrichtungen für Zollkontrollen gebaut, auch in den Häfen wird eine Infrastruktur errichtet.
Die dreistufigen Zollregeln sollen für den gesamten Handel zwischen Großbritannien und der EU gelten, mit einer Ausnahme: „dem Handelsfluss zwischen Nordirland und Irland oder zwischen Nordirland und Großbritannien“, heißt es in dem Papier der Regierung.
Großbritannien will damit dem Versprechen Rechnung tragen, das Karfreitagsabkommen, das den Nordirlandkonflikt beendet hat, zu respektieren. Die offene Grenze zwischen Irland und Nordirland ist darin festgeschrieben.
Grenzkontrollen zur EU, aber nicht zwischen Irland und Nordirland – mit diesem Plan hat die britische Regierung nun erneut das ungelöste Dilemma in den Scheidungsverhandlungen mit der EU genannt. Aber wieder, ohne einen Ausweg dafür aufzuzeigen. Denn eine Zollgrenze innerhalb der EU, die durch den britischen Plan zwischen Irland und dem Rest der EU verlaufen würde, ist für Brüssel untragbar. Um unter anderem diesen Knoten bis Jahresende zu lösen, werden die Verhandlungen nun intensiviert. Im Juli soll es jede Woche Gespräche geben, weitere im August und September.