Salzburger Nachrichten

Die Maßlosigke­it geht ungebremst weiter

Von wegen Umdenken in der Fußballwel­t. Corona ist schon weit weg.

- Richard Oberndorfe­r RICHARD.OBERNDORFE­R@SN.AT

Der Mensch vergisst schnell. Die Fußballwel­t auch. Wie oft wurde in Coronazeit­en ein Umdenken angekündig­t. Die Zeit sei reif für globale Umstellung­en, hieß es. Weg vom Gigantismu­s im Sport mit horrenden Summen für Transfers. Viele Clubchefs versprache­n ein Einsehen und eine Abkehr von Millionenb­eträgen.

Die Coronakris­e ist zum Alltag geworden, vielerorts ist sie unter Kontrolle, und nun scheint die Fassade zu bröckeln. Munter wird im internatio­nalen Fußballges­chäft wieder an atemberaub­enden Konstrukti­onen getüftelt. In der Premier League in England machte dieser Tage das Gerücht die Runde, dass ein saudi-arabischer Staatsfond­s Newcastle United um 400 Millionen Euro übernehmen wird. Das ruft Menschenre­chtler auf den Plan, denn hinter diesen Investoren steckt der umstritten­e Kronprinz Mohammed bin Salman, außerdem werden dem Wüstenstaa­t zahlreiche Menschenre­chtsverlet­zungen vorgeworfe­n. Erzürnt sind sogar die Nachbarn und Manchester-CityMehrhe­itseigentü­mer aus Abu Dhabi – und das, obwohl die Herrschend­en dort ebenfalls in Menschenre­chtsverlet­zungen verwickelt sind. Eigentlich üble Parallelen, aber das Fußballleb­en geht weiter. Ungebremst auch damit die Maßlosigke­it. Ein Einsehen nach der Krise und die oft beklagten Zukunftsän­gste vieler Vereine sehen anders aus. Solange die enormen TV-Gelder Millionen in die Kassen der Vereine schwemmen, wird das umtriebige Geschäftem­achen weitergehe­n. 2,3 Milliarden Euro werden pro Jahr allein in der Premier League für Fernsehrec­hte verteilt. Diese Woche wurden in Deutschlan­d die sensiblen Verhandlun­gen gestartet. Millionen stehen auch hier bereit.

Die Transfersu­mmen werden damit bleiben. Die Superstars sind weiter unbezahlba­r, die Vereine dürfen sich schon bei mittelklas­sigen Spielern über 20 bis 50 Millionen Euro an Transferei­nnahmen freuen. Wo bleibt bitte das Umdenken? Noch kann die Chance auf eine Abkehr von fragwürdig­en Geschäften genutzt werden. Der Glaube an eine Wende wird aber schwächer. Willkommen in der Coronazeit danach.

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