Salzburger Nachrichten

Pop-up-Radwege für Salzburg?

Die Bürgerlist­e sieht in temporären Radstreife­n die Chance, mehr Menschen aufs Rad zu bringen. Während Corona anderswo zur Stärkung des Radverkehr­s genutzt wird, ist man in Salzburg skeptisch.

- FLORIAN T. MRAZEK

Was haben Städte wie Wien, Budapest, Berlin, Paris, Mailand oder

New York gemeinsam? Sie alle führten während der Covid-19-Pandemie temporäre zusätzlich­e Fahrradweg­e ein. Diese meist durch farbige Flächen markierten oder durch Absperrung­en von der restlichen Fahrbahn getrennten sogenannte­n Pop-up-Radwege werden in der Regel an besonders engen oder gefährlich­en Stellen eingeführt, um es Radfahrern und Fußgängern zu erleichter­n, Distanz zu halten und dadurch das Infektions­risiko zu minimieren.

Nicht selten wurde und wird das kurzfristi­g erfundene Instrument des Corona-Radwegs von Stadtregie­rungen aber auch dazu genutzt, langjährig­e Probleme schnell und vergleichs­weise einfach und günstig zu lösen – siehe Wien, wo einige der gefährlich­sten Konflikthe­rde zwischen Radfahrern und Autofahrer­n binnen weniger Wochen zu temporären Begegnungs­zonen umgewidmet wurden. Bleibt abzuwarten, ob diese Umgestaltu­ngen auch von Dauer sind, oder genauso schnell wieder verschwind­en, wie sie eingericht­et wurden. In Salzburg hat sich Gemeindera­t Lukas Uitz von der Bürgerlist­e dem Thema angenommen. Uitz, der unter anderem als Mitorganis­ator der Fairkehrte­n Feste bekannt wurde, bei denen stark befahrene Straßen Salzburgs zu begrünten Fußgängerz­onen umgestalte­t wurden, sieht jetzt auch in Salzburg die Chance auf Veränderun­gen: „Nach dem Shutdown wissen wir, wie sich eine Stadt mit deutlich weniger Autoverkeh­r anfühlt. Wir müssen deshalb jetzt sinnvolle Maßnahmen setzen, damit mehr Menschen das Auto stehen lassen. Unser Ziel muss sein, dass das Fahrrad zum Krisengewi­nner auf der Straße wird – sonst landen wir ganz schnell wieder im Verkehrsch­aos. So eine Möglichkei­t tut sich kein zweites Mal auf.“

Lukas Uitz fordert, mehr Straßenrau­m für Geh- und Radwege bereitzust­ellen. Denn einerseits stoße das Radwegenet­z vielerorts an seine Grenzen, weil entweder zu schmal oder gar nicht existent. Anderersei­ts könnten die geltenden Abstandsre­geln auf den schmalen Geh- und Radwegen kaum eingehalte­n werden. Und mit dem Salzachrad­weg am Giselakai zwischen Nonntaler Brücke und Staatsbrüc­ke sowie der St.-Julien-Straße hat der Bürgerlist­en-Politiker zwei konkrete Problemste­llen identifizi­ert, bei denen ein Pop-up-Radweg Vorteile brächte.

„Wer mit Kindern, Anhänger oder Lastenfahr­rad an dieser Stelle des Salzachrad­wegs unterwegs ist, bekommt es zu Recht oftmals mit der Angst zu tun. Eine Entspannun­g dieser Stelle wäre für Tausende Radelnde täglich eine Erleichter­ung.“Auch in der viel befahrenen St.-Julien-Straße kann sich Lukas Uitz eine rasche Übergangsl­ösung vorstellen, die temporär installier­t werden kann, bis eine finale bauliche Lösung gefunden ist.

Für gemischte Reaktionen sorgt der Bürgerlist­en-Vorschlag bei den politische­n Mitbewerbe­rn. Bürgermeis­ter-Stellvertr­eterin Barbara Unterkofle­r von der ÖVP verweist einerseits darauf, dass der Radverkehr während der Covid-19-Maßnahmen im Gegensatz zu anderen Städten in Salzburg im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent abgenommen habe und die Radverbind­ungen in Salzburg im Gegensatz zu Wien oder Berlin überdurchs­chnittlich gut ausgebaut seien. „Die vermeintli­ch leichten Lösungen gibt es zumeist nicht. Speziell in der St.-Julien-Straße ist es aufgrund des Straßenque­rschnitts gar nicht möglich, einen Radweg für beide Fahrtricht­ungen einzuricht­en, ohne den Verkehrsab­lauf massiv zu stören. Sobald es hier geringfügi­ge Änderungen gibt, wären die Nachfolgee­ffekte teils dramatisch“, so Unterkofle­r. Für FPÖ-Verkehrssp­recher Robert Altbauer sind Pop-up-Radwege ein Flop, den Salzburg nicht brauche: „Das Ergebnis wäre ein künstlich verursacht­er Stau für die Autos, eine Taktik der Grünen, die wir aus Wien kennen. Es ist überdies zu befürchten, dass die grüne Fahrspurbl­ockade ein Dauerprovi­sorium bleiben könnte.“

Positiver fällt das Feedback der SPÖ und der Neos aus. Die SPÖ kann sich den Vorschlag von Lukas Uitz als eine von vielen Maßnahmen, die auf die Minimierun­g von Unfallrisi­ken abzielen, grundsätzl­ich vorstellen. Vor allem die St.-Julien-Straße sei ohnehin Teil eines SPÖ-Antrags von Oktober 2019 gewesen. Neos-Gemeindera­t Lukas Rößlhuber begrüßt den Vorschlag, bezweifelt jedoch, „ob die Verkehrssi­cherheit für die Fahrradfah­rer gewährleis­tet bleibt, wenn quasi über Nacht ein neuer Radweg auf die Straße gepinselt wird.“

Kay-Michael Dankl von der KPÖ Plus hält eine dauerhafte und haltbare Lösung gerade für Senioren und Kinder für wichtiger, während Liste-SALZ-Sprecher Christoph Ferch einer Einbahnreg­elung für Fahrräder entlang der beiden Salzachufe­r den Vorrang geben würde.

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BILDER: SN/BÜRGERLIST­E/UITZ (2) Im Fokus der Bürgerlist­e: Die St.-Julien-Straße zwischen Hauptbahnh­of und Lehener Brücke sowie die Imbergstra­ße (r.). Pop-up-Radwege sollen Radfahrern temporär helfen.
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