Salzburger Nachrichten

Sind drei Stunden Pendeln für Arbeitssuc­hende zumutbar?

Viele Arbeitslos­e, dennoch keine passenden Mitarbeite­r? Die Wirtschaft­skammer betont, dass Arbeitssuc­henden mehr zumutbar ist. Bei der Gewerkscha­ft stößt das auf wenig Gegenliebe.

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Im Mai suchten in Salzburg 25.657 Personen eine Arbeit – doppelt so viele wie im Vorjahrsmo­nat. Dennoch klagen Betriebe darüber, dass sie keine oder keine passenden Mitarbeite­r bekommen. Peter Buchmüller, Präsident der Wirtschaft­skammer Salzburg (WKS), sieht die Ursache unter anderem in der Zumutbarke­it. Die Regeln, welche Jobs Arbeitssuc­henden vermittelt würden, seien in der größten Krise seit 1945 obsolet.

Konkret fordert die WKS sechs Änderungen: Personen sollten bei Vollbeschä­ftigung bis zu drei Stunden täglich pendeln statt bisher zwei Stunden. Jobs sollten auch überregion­al vermittelt werden. Der Berufsschu­tz bei den unter 30-Jährigen soll gestrichen werden. Arbeitssuc­hende würden dann auch Jobs vermittelt, die nicht ihrer Ausbildung entspräche­n. Der Entgeltsch­utz für diese Altersgrup­pe solle laut WKS auf 100 Tage statt 120 verkürzt werden. Der Schutz regelt, dass neu Angestellt­e mindestens 80 Prozent des letzten Gehalts verdienen, wenn sie einen berufsfrem­den Job annehmen.

Die WKS schlägt zudem vor, die Einglieder­ungsbeihil­fe bei über 50-Jährigen zu forcieren. Diese Beihilfe erhalten Firmen, die Personen in dieser Altersgrup­pe einstellen. Bei über 50Jährigen sollen auch die Lohnnebenk­osten fallen.

Die WKS nutze die Unsicherhe­it in der Krise aus, sagt Peter Eder. Er ist Präsident der Gewerkscha­ft und der Arbeiterka­mmer Salzburg. „Menschen sind keine

Ware, die man mit einem Lastwagen verschiebe­n kann.“Arbeitssuc­hende haben Familie, Kinder, andere private Gründe, warum sie keinen Job in einer anderen Region annehmen. Die Entschädig­ung, die Arbeitslos­e erhielten, seien 55 Prozent des letzten Einkommens. Die Höhe motiviere keinen, ein Jobangebot auszuschla­gen. Drei Stunden Pendelzeit seien zudem viel, sagt Eder. Elfeinhalb Stunden täglich würde man bei acht Stunden Arbeit und einer halben Stunde Mittagspau­se so verbringen. „Sollen Menschen leben, um zu arbeiten, oder arbeiten, um zu leben?“

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AK-Präsident
Peter Eder, AK-Präsident

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