Niavarani bietet Theater im Park
Michael Niavarani eröffnet am 1. Juli das Theater im Park, eine Freiluftbühne beim Wiener Belvedere.
Kabarettist und Unternehmer Michael Niavarani eröffnet am 1. Juli das Theater im Park, eine Freiluftbühne beim Wiener Belvedere.
WIEN. Michael Niavarani ist nicht nur Kabarettist, Schauspieler und Autor, er leitet auch zwei Theater, das Kabarett Simpl in der Wiener Innenstadt und das Globe im dritten Bezirk. Von der Schließung war er als Unternehmer wie Künstler betroffen. Nun eröffnet er mit dem Künstleragenturchef Georg Hoanzl und in Kooperation mit der Fürstlich Schwarzenberg’schen Familienstiftung im Privatgarten des Palais Schwarzenberg eine Freiluftbühne. Die ersten Termine – „Alles außer Corona“mit Niavarani, Omar Sarsam und Klaus Eckel – waren binnen weniger Stunden ausverkauft. Das Programm ab 1. Juli ist dicht, so hofft der 52-Jährige auf viele laue Sommerabende.
SN: Im vorigen Herbst haben
Sie gesagt: „Kaufen Sie sich kein Theater!“Es sei viel Arbeit für wenig Geld. Mittlerweile hat es monatelang gar keine Einnahmen gegeben. Wie ist die Lage im Moment?
Michael Niavarani: Die Situation ist jetzt entspannt, weil wir durch das Theater im Park die Möglichkeit haben, ab 1. Juli draußen zu spielen. Das ist die schönste und vernünftigste Variante. Wir freuen uns, dass wir im Sommer unser Publikum wieder unterhalten dürfen. Wir sind also entspannt, was Corona betrifft, aber angespannt, was die Vorstellungen angeht. Freudig erregt, würde ich sagen.
SN: Was, wenn es über mehrere Tage regnet? Werden Veranstaltungen nachgeholt?
Da wir einen vollen Spielplan haben, müssten die Vorstellungen ohne Ersatztermin abgesagt werden. Die Besucher bekommen dann ihr Geld für die Karten zurück. Wir erwarten aber einen heißen Sommer, der sich jetzt noch hinter einem Aprilwetter versteckt.
SN: Welche Sicherheitsvorkehrungen sind geplant?
Wir haben einen Abstand von 1,5 Metern zwischen den Sitzen in Zweier- und Vierergruppen. Wir spielen ohne Pause, damit es keinen Stau vor dem Buffet gibt. Getränke können an den Platz vorbestellt werden. Das wird die sicherste Form des Theaters sein.
„Wir erwarten einen heißen Sommer.“Michael Niavarani, Leiter Theater im Park
SN: Seit Ende Mai sind Veranstaltungen mit bis zu 100 Besuchern möglich. Ab wann zahlt es sich finanziell aus, ein Theater zu öffnen?
Es gibt zwei Seiten der Medaille. Zum einen die Erlaubnis vom Gesundheitsministerium, wieder spielen zu können. Zum anderen die Frage, ab wann eine Veranstaltung sinnvoll ist, sodass die Angestellten auch bezahlt werden können.
Mit der Abstandsregel ist dies im Simpl nicht möglich, weil dann nur 130 Leute Platz hätten. Da würde ich als Geschäftsführer wohl angezeigt werden wegen fahrlässiger Krida (Herbeiführung von Zahlungsunfähigkeit, Anm.). Denn auch wenn 130 kommen, stehen wir nach dem Abend im Minus. Deswegen haben wir das Theater ins Freie verlegt, so können wir ab Juli vor 500, ab August vor 1250 Zuschauern spielen.
SN: Im Podcast mit Omar Sarsam und Klaus Eckel sind Sie zum „Regierungssprecher“mutiert, wie Sie sagen. Hat die Regierung alles richtig gemacht?
Natürlich. Schauen Sie sich doch die Zahlen an. Wenn Sie nach einer Operation aufwachen, der Blinddarm herausoperiert ist und Sie nicht gestorben sind, hat der Arzt alles richtig gemacht, oder?
SN: Aber was die Hilfen für die Kultur betrifft, gab es viel Kritik. Sie führen zwei Theater und hielten sich zurück. Wie kommt das?
Ich war mit vielen Kollegen in Kontakt, viele Meinungen teile ich, einige nicht. Wenn ich ein Problem am Theater habe, weil etwa die Kostüme zu teuer sind, dann sage ich das auch nicht dem Publikum, weil es den Leuten wurscht sein kann. Und ich sehe das jetzt auch so. Die Probleme, die ich als Theaterleiter habe, sind meine Probleme, die ich mir mit Kolleginnen und Kollegen und Vertretern aus der Politik ausmache. Es weiß eh jeder, dass es uns nicht gut geht, daher habe ich mich entschlossen, das im Hintergrund zu erledigen. Als Künstler habe ich meine Aufgabe darin gesehen, den Menschen mit unserem Player und dem wöchentlichen Podcast Hoffnung zu machen.
SN: Shakespeares Globe Theatre in London musste wegen der
Pest mehrfach schließen. Im „Homeoffice“schrieb er „Macbeth“und „King Lear“. Auch
Sie haben angekündigt, während Corona ein neues Buch zu schreiben. Wie geht es voran? Sehr gut, es wird wahrscheinlich im Frühjahr herauskommen, weil ich im Sommer mit dem Theater beschäftigt bin. Ich kann schon verraten, dass es ein Buch über mich und meine Familie und meinen Weg ans Theater sein wird. Zu meinem 50. Geburtstag habe ich einen Ahnenforscher beauftragt und da sind lustige Dinge herausgekommen. Ich bin eigentlich Niederösterreicher, Schlesier, Böhme und Ungar. Es wird also sehr persönlich, gespickt mit vielen Anekdoten.
SN: Sind auch neue Shakespeare-Fassungen für Komödien geplant?
Ja, wir arbeiten daran, das ist aber noch nicht spruchreif. Spätestens im Herbst 2021 wird es eine neue Komödie nach Shakespeare geben.
SN: Im Podcast reißen Sie auch immer wieder Nachdenkliches über das Leben an. Was haben
Sie über sich selbst in den vergangenen Wochen gelernt? Ich habe gelernt, dass eine Krisensituation aus dem Menschen hervorholt, wie er wirklich ist. Der Charakter eines Menschen ist stärker an die Oberfläche getreten. Also die, die mir vor der Krise schon auf die Nerven gegangen sind, sind mir noch mehr auf die Nerven gegangen. Leute, die lustig sind, waren während Corona noch lustiger. Und ich war in der Coronazeit noch müder als sonst.
SN: Was ist Ihnen nicht abgegangen in diesen Wochen?
Das viele Einkaufen, die sinnlosen Termine, lange Besprechungen, der Stress, den man so hat – das ist mir nicht abgegangen.
SN: Wird die Krise Ihrer Ansicht nach den Spielbetrieb nachhaltig ändern? Soll sich überhaupt etwas ändern?
Aus zwei Gründen wird sich etwas ändern. Zum einen künstlerisch: Man wird mehr auf menschliche Themen setzen, weil wir jetzt alle emotionale Geschichten erlebt haben. Und das andere wird leider die finanzielle Situation sein. Es wird für viele Theater nicht einfach werden, wieder in den normalen Betrieb zu gehen. Durch die anhaltende Bedrohung, vielleicht wieder zusperren zu müssen, wird sich organisatorisch vieles erschweren. Aber es wird machbar sein.
Theater: Theater im Park, am Belvedere, ab 1. Juli. Karten und Programm:
WWW.THEATERIMPARK.AT