Ministerin Tanner lässt Förderungen an alle parteinahen Vereine prüfen
Ein FPÖ-naher Verein, der seit der Ära Doskozil vom Verteidigungsressort finanziert wird, steht wieder im Fokus. Es geht aber um viel mehr.
Die Ibiza-Affäre wirft auch ein Schlaglicht auf die Kooperationen des Verteidigungsministeriums mit parteinahen Vereinen. Das Ministerium zahlt jährlich je 200.000 Euro an sechs parteinahe Institute – eines davon ist FPÖ-nahe und steht im Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung. Verteidigungsministerin Tanner (ÖVP) hat angekündigt, dass eine Evaluierungskommission nun alle Förderungen prüfen soll. Warum man sich diese leiste, wenn man gleichzeitig bei jeder Gelegenheit über Finanznöte klage, würde sie „schon interessieren“, sagte sie. Die SN schauten sich an, welche Leistungen die Vereine erbringen – vor allem jener, der im Fokus des Ibiza-U-Ausschusses steht.
WIEN. Das Institut für Sicherheitspolitik (ISP) hat zwar einen klingenden Namen, es ist aber nur eingemietet in den Räumlichkeiten der Anwaltskanzlei von ISP-Vereinsobmann Markus Tschank, bis vor Kurzem FPÖ-Nationalrat. Der Verein hat keine Telefonnummer und nur einen Mitarbeiter. Und seit der Ibiza-Affäre ist er einer jener blauen Vereine, die im Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung stehen.
Dass das ISP auch vom Verteidigungsministerium mit 200.000 Euro im Jahr gesponsert wird, wirft nun das Schlaglicht auf eine andere Frage: Warum zahlt das Ministerium Geld an parteinahe sicherheitspolitische Institute? Denn neben dem Geld für das ISP fließen in der Regel je 200.000 Euro jährlich an fünf weitere Vereine, die entweder der SPÖ oder der ÖVP nahestehen.
Grundsätzlich gehe es bei den Kooperationen darum, Expertise, die man im Haus nicht habe, zuzukaufen, heißt es im Ministerium. Es gehe darum, Netzwerke zu knüpfen und dafür zu sorgen, dass das Bundesheer in all diesen vertreten sei. Mit dem Geld würden Symposien, Workshops und Studien finanziert.
Und welche Expertise wurde vom FPÖ-nahen ISP zugekauft? Vor allem jene über Osteuropa, Schwerpunkt Russland, Weißrussland, Moldawien, heißt es. Zuletzt war das Geld überwiegend in wissenschaftliche Publikationen geflossen. Die jüngste stammt vom USamerikanischen Politikwissenschafter Stephen Walt über die globale Ordnung nach Corona. Im Vorjahr organisierte der Verein eine Veranstaltung mit dem US-Terrorexperten Bruce Hoffman an der Landesverteidigungsakademie, 2018 die erste Europäische Sicherheitskonferenz in Wien – laut Verteidigungsressort „das Kernstück“der Zusammenarbeit.
Tschank weist jeden Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung zurück. Kein Cent sei an die FPÖ gegangen, versichert er. Dass er für die Einmietung des ISP in seiner Kanzlei monatlich 3600 Euro und als Obmann
36.000 Euro im Jahr erhält, sei erstens brutto und zweitens nicht aus dem Rahmen. Und, ist er überzeugt: „Die Leistung per se, für die das Institut bezahlt wird, wird übererfüllt.“Im Ministerium sieht man das anders. Der Vertrag läuft Ende des Jahres aus und wird nicht verlängert. Offenbar war man schon länger mit dem ISP unzufrieden, hört man. Die Ibiza-Affäre soll die Trennung beschleunigt haben.
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner will nun alle Förderungen an parteinahe Vereine von einer Kommission prüfen lassen. Warum man sich diese Kooperationen leiste, wenn man gleichzeitig bei jeder Gelegenheit über Finanznöte klage, würde sie „schon interessieren“, sagte Tanner im Ö1-Radio.
Die anderen geförderten Institute wehren sich dagegen, mit dem blauen ISP in einen Topf geworfen zu werden: „Es ist nicht so, dass wir einfach Geld bekommen“, versichert der Präsident des Österreichischen Instituts für Internationale Politik (oiip), Caspar Einem. „Wir erhalten vom Verteidigungsministerium konkrete Aufträge und erbringen dafür konkrete wissenschaftliche Leistungen. Aber wer“, so fragt der frühere SPÖ-Innenminister, „betreibt in dem FPÖ-Institut Wissenschaft? Niemand.“
Das FPÖ-nahe ISP ist auch der jüngste Verein im Reigen. Es wurde erst Ende 2016 ins Leben gerufen. Nach Angaben von Johann Gudenus, neben Ex-FPÖ-Chef Strache der zweite Hauptdarsteller im IbizaVideo,
auf Anraten des damaligen SPÖ-Verteidigungsministers Hans Peter Doskozil. Dieser bestreitet das vehement, musste aber nach einem ersten Dementi eingestehen, dass in seiner Ära nicht nur der Vertrag mit dem ISP zustande kam, sondern auch die ersten 100.000 Euro an das ISP überwiesen wurden.
Einem warnt jedenfalls davor, die gesamte Praxis der sicherheitspolitischen Institute über Bord zu werfen. Für Österreich und seine Sicherheitspolitik sei es wichtig, auch abseits offizieller Politik Plattformen für Kontakte zu Persönlichkeiten in anderen Ländern zu besitzen und so außen- und sicherheitspolitisch agieren zu können. Außerdem, so Einem, sei das Verteidigungsministerium mit der Direktion für Sicherheitspolitik das mittlerweile letzte Ministerium, das noch strategische Überlegungen anstelle. Alle anderen Ministerien hätten ihre Abteilungen für strategische Planungen geschlossen. Wenn das nun auch das Verteidigungsministerium tue, gäbe es in der Politik überhaupt keine strategischen Überlegungen mehr.
Neben dem oiip fördert das Verteidigungsministerium das Friedenszentrum in Schlaining (Präsident ist Ex-SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos), das Kreisky-Forum (als einzigen Verein mit nur rund 50.000 Euro im Jahr), das Austria Institut für Europa und Sicherheitspolitik (geleitet von ExÖVP-Verteidigungsminister Werner Fasslabend) und das Wiener Institut für die Wissenschaften vom Menschen, dem Ex-Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) vorsteht.
Im Ibiza-U-Ausschuss geht es aber nur am Rande um die Förderungen des Verteidigungsressorts. Im Zentrum stehen Geldflüsse des Glücksspielkonzerns Novomatic, der das ISP ebenfalls mit 240.000 Euro jährlich finanziert. Als der Vertrag 2018 geschlossen wurde, saß Tschank noch im Nationalrat. Das Ibiza-Video, in dem Strache erklärte, wie man Geld an die FPÖ am Rechnungshof vorbei spenden könnte, und den berüchtigten Sager tätigte „Novomatic zahlt alle“, entstand bereits 2017. Die Staatsanwaltschaft geht der Frage nach, ob das Geld als Gegenleistung für den Wunsch nach Glücksspiellizenzen floss. Auch andere FPÖ-Vereine werden durchleuchtet. Novomatic und FPÖ bestreiten alle Vorwürfe.
„Werden alle Kooperationen prüfen.“Klaudia Tanner, Heeresministerin