Wirecard sucht 1,9 Mrd. Euro, die es nicht gibt
Hinter dem Bilanzskandal beim Zahlungsdienstleister könnte ein riesiger Betrug stehen.
Der Bilanzskandal beim Zahlungsdienstleister Wirecard spitzt sich dramatisch zu. Die verschwundenen 1,9 Mrd. Euro existierten mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit“nicht, räumte der deutsche Konzern am Montag ein. Inzwischen gibt es Zweifel, ob das Geschäft mit Partnern in Asien, das seit Jahren für einen großen Teil der Gewinne von Wirecard steht, überhaupt existiert. Man untersuche, „ob, in welcher Art und Weise und in welchem Umfang dieses Geschäft tatsächlich zugunsten der Gesellschaft geführt wurde“. Wirecard-Chef Markus Braun war vergangenen Freitag zurückgetreten.
Der Präsident der deutschen Finanzaufsicht BaFin, Felix Hufeld, sprach von einem Desaster und räumte Fehler der Behörde ein. „Es ist eine Schande, dass so etwas passiert ist“, sagte er auf einer Bankenkonferenz in Frankfurt. Private und öffentliche Institutionen, einschließlich seiner Behörde, hätten versagt, sagte Hufeld. „Wir sind nicht effektiv genug gewesen, einen solchen Fall zu verhindern.“Die BaFin sei aber nur für die Aufsicht über die Tochter Wirecard-Bank zuständig, nicht für die gesamte Wirecard AG, die für Händler und Kunden Zahlungen in Onlineshops und an Ladenkassen abwickelt. Allerdings hatte sie auf wiederholte Vorwürfe gegen das Unternehmen mit einem zeitweisen Verbot von Leerverkäufen reagiert.
Zu den größten Gläubigerbanken gehören ABN Amro, Commerzbank, ING, LBBW, Barclays, Credit Agricole, DZ Bank, Lloyds, Bank of China, Citi und Deutsche Bank.
Wirecard hat laut Bloomberg aber auch Kredite bei der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien (60 Mill. Euro) und der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (45 Mill. Euro).
Schon vor ein paar Wochen hatten Wirtschaftsprüfer von KPMG Zweifel an den milliardenschweren Treuhandkonten geäußert, die das Geschäft von Wirecard in Asien absichern sollten. Die Münchner Staatsanwaltschaft prüft eine Ausweitung ihrer Ermittlungen, die bisher lediglich wegen Marktmanipulation geführt werden. „Wir prüfen alle in Betracht kommenden Straftaten“, sagte eine Behördensprecherin. Wirecard selbst hatte sich als Opfer eines „gigantischen Betrugs“bezeichnet.