Wo der Platz eng ist, bleibt es eng
Ab Herbst dürfen mehr Personen zu Veranstaltungen. Für manche Kulturstätten ist klar: Die Lockerungen ändern nichts.
Lockerungen? „Das ändert aber bei uns quasi nichts“, sagt Wolfgang Descho über die erlaubte Erhöhung der Besucherzahlen im Kulturbereich. „Ob es 100 oder 120 Leute sind, die wir reinlassen dürfen, macht das Kraut nicht fett“, sagt Descho, Geschäftsführer im Salzburger Rockhouse. Wie ihm geht es den meisten kleineren oder mittleren Kulturstätten. Aber auch die großen Pop-Veranstalter sind nicht erfreut.
Die Rechnung für Veranstaltungen ab September ist einfach. Bei Kulturveranstaltungen indoor werden bis 5000 Besucherinnen und Besucher möglich sein. Outdoor dürfen maximal 10.000 Personen kommen. Das gab die Regierung am
Mittwoch bekannt. In Bezug auf die Outdoor-Regelung ist die Kulturbranche kaum betroffen. Im Herbst gibt es keine Open-Airs mehr.
Voraussetzung für die Lockerungen sind neben der Entwicklung der Infektionszahlen ein Präventionskonzept sowie Tracking, sprich man muss wissen, wer da ist. Die Erstellung von Teilnehmerlisten durch die Veranstalter gilt schon jetzt und wird auch im Herbst freiwillig bleiben.
Allerdings gibt es zwei weitere Einschränkungen: die Sitzplatzpflicht und Abstandsregeln. „Es ist ein absoluter Schwachsinn, was man da in unsere Richtung entschieden hat“, sagt Ewald Tatar von Barracuda Music, dem größten PopKulturveranstalter des Landes, der Austria Presse Agentur. Die Regelung
bedeutet „für uns auch im Herbst 100 Prozent Ausfall“, sagt Tatar. Stehplatzkonzerte könnten nicht „plötzlich zu einem Sitzplatzkonzert mit Abstandsregeln“werden. Davon betroffen sind aber nicht nur Veranstaltungen in Arenen wie die Wiener Stadthalle.
Schwerer als die Beschränkung auf eine bestimmte Zahl von Sitzplätzen wiegt für Einrichtungen wie das Rockhouse, die ARGEkultur, den Linzer Posthof oder auch das Treibhaus in Innsbruck nämlich der Umstand, dass sehr viele Veranstaltungen als Stehplatzkonzert geplant sind. Diese fallen – ähnlich wie die Stehplätze im Theater – auf nicht absehbare Zeit komplett aus. „Da hilft wohl nur das Warten auf die Impfung“, sagt Wolfgang Descho und meint, man müsse den
Herbst „charmant kreativ gestalten“. Sprich: sitzen, wo üblicherweise gestanden wird. 100 Leute statt 500.
In der Salzburger ARGEkultur schafft man so rund 70 Prozent des geplanten Herbstprogramms. Das sind alles kleinere Veranstaltungen. Wie man aber etwa bei der Kabarett-Schiene, die teils in größeren Sälen außer Haus stattfindet und teils längst ausverkauft ist, vorgehe, das wisse man noch nicht. Das Kabarett ist für die ARGE jedoch wirtschaftlich enorm wichtig, „weil wir da Gewinne machen“, sagt der künstlerische Leiter der ARGE, Sebastian
Linz. Wie sich bezogen auf Stehplatzkonzerte und die radikal geringeren Besucherzahlen bei bestuhlten Konzerten der Wegfall in den Bilanzen für heuer niederschlagen wird, wagt noch keiner genau zu sagen.
„Das ist im Moment alles ein totales Fragezeichen“, sagt Descho. Ein blaues Auge werde es jedenfalls „sowieso geben“. Da ist er sich mit Linz einig. Dramatisch aber wird es erst im kommenden Jahr.
Viele der größeren Konzerte wurden auf 2021 verschoben – auch weil Bands die Veröffentlichungstermine neuer Alben verschoben haben. Keiner weiß aber, wie dann die Bedingungen sein werden. „Was Corona bei uns wirklich an Schaden hinterlässt, wird sich erst 2021 entscheiden“, sagt Linz.