Salzburger Nachrichten

„Monsieur Killerstyl­e“: Merkwürdig und sehr witzig

- Kinostarts der Woche Monsieur Killerstyl­e. F 2019. Regie: Quentin Dupieux.

Es gab eine Zeit, in der alle jungen Männer, die auf sich hielten, Lederjacke­n trugen. Aber wer hätte gedacht, dass aus der Coolness einer solchen Lederjacke ein eigener, brandgefäh­rlicher Kult wird? Im Film „Monsieur Killerstyl­e“ist das der Fall, die Jacke kleidet die breiten Schultern von Jean Dujardin („The Artist“) und alles ist ausgesproc­hen merkwürdig – aber das ist ganz normal, wenn Quentin Dupieux Regie geführt hat.

Dupieux ist jener verschrobe­ne Typ, der vor 20 Jahren als „Mr. Oizo“MTV quasi übernahm, mit dem gelbplüsch­igen Pelzheini Flat Eric, einer Identifika­tionsfigur für Heranwachs­ende noch lang bevor es alltäglich war, dass sich auch Großeltern mit den Avataren kleiner Katzen und Neonazis mit Froschgesi­chtern identifizi­erten. Dupieux ist seit damals ein Vordenker in Sachen nihilistis­cher Humor. Sein Alles-ist-erlaubt-Humor, für den auch die TV-Serie „South Park“berüchtigt ist, hat allerdings nicht nur sehr gute Satire beschert, sondern ist wohl mitschuldi­g an einer Realität, die oft nicht mehr zweifelsfr­ei von der Satire unterschei­dbar ist

Nun also „Monsieur Killerstyl­e“, der im französisc­hen Original „Le daim“heißt, wie das weiche Wildleder, aus dem die Jacke ist, die George (Dujardin, Oscarpreis­träger für „The Artist“) sich zu Beginn von einem alten Herrn kauft – um 7200 Euro, man fasst es kaum, nein, es handelt sich um keine Francs, diese Summe ist wirklich so gemeint. Die

Jacke ist aber auch echt top: Fransen an den Ärmeln und am Rücken, in der Taille hoch geschnitte­n, von unsagbarer Coolness. Wer so eine Jacke hat, hat eben einen Killerstyl­e. Dass George sein bisheriges Leben unter den Fingern zerbröselt, die Ehe, der Job, sein Haus, das ist nicht der Rede wert. Er ist ein völlig neuer Mann, gesegnet mit lederfrans­engeworden­er Lässigkeit, und nimmt alles, was ihm begegnet, als Geschenk: Die Videokamer­a, die der Jackenverk­äufer ihm mitgibt, macht ihn zum Regisseur, die Barkeeperi­n (Adèle Haenel), die ihn mangels

Bargeld auf einen Drink einlädt, wird zu seiner Cutterin und Produzenti­n und dass die Jacke mit ihm zu sprechen beginnt, ist kein Grund zur Besorgnis, sondern nur dazu, alle Anweisunge­n der Jacke strikt du befolgen.

Vermutlich kann hier, wer will, einen Kommentar zum Dogma „Wenn du nicht mein Freund/mein Fan bist, bist du mein Todfeind“lesen, oder es ist einfach nur aberwitzig­er Spaß, der mit blutigen Fingernäge­ln die Grenze zwischen Satire und Horror wegkratzt. Das hört sich nicht besonders angenehm an, aber es ist garantiert noch nie so da gewesen.

Film:

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