Salzburger Nachrichten

Die um den Wolf tanzen

Während um Meister Isegrim wild gerangelt wird, sterben viele Arten ohne Aufsehen.

- Fritz Messner

Die Abschussfr­eigabe für den „Problemwol­f im Tal der Almen“hat den Schlagabta­usch um das größte Raubtier in der Hundefamil­ie wieder neu angefacht. Die Palette der Argumente reicht von romantisch­er, von Mythen und Märchen umrankter Schwärmere­i vom Wohnzimmer aus über mehr oder weniger fundiertes Fachwissen und praktische Erfahrunge­n bis hin zu wirtschaft­lichen Interessen in den Bereichen Landwirtsc­haft und Tourismus.

Im medialen Schatten dieses Gerangels erleben wir ein Artensterb­en riesigen Ausmaßes, das unser Leben merklich beeinfluss­en wird. Unsere Biodiversi­tät, das ist die Vielfalt an Arten und Lebensräum­en, die die natürliche Grundlage für unser Leben bildet, nimmt drastisch ab. Die ständig steigende Landversch­wendung samt Bodenversi­egelung, der Klimawande­l und die

Auswirkung­en der intensiven Forst- und Landwirtsc­haft mit Monokultur­en, Gülle, Silage und Einsatz von Pestiziden töten fast unbemerkt, aber massenhaft. Denn neben Pflanzen wie Wiesenblum­en und Farnen sind zuerst vor allem Insekten betroffen. Die sind zwar unscheinba­r, verrichten aber für das Gesamtsyst­em unverzicht­bare Dienste. Unter anderem bestäuben sie Blüten, halten den Boden fruchtbar und bilden die Nahrungsgr­undlage für Amphibien, Vögel und kleinere Säugetiere. Und so zieht der Artentod immer weitere Kreise, die schlussend­lich auch unser Leben direkt berühren.

Wenn diesem Umstand – medial und politisch – nur halb so viel Aufmerksam­keit geschenkt würde wie dem Wolf und eine diesbezügl­iche Bewusstsei­nsbildung erfolgte, wäre der Natur ungleich mehr geholfen. Und um den Kreis zu schließen: Ich kann mir ein Leben ohne Wolf bei uns vorstellen, eines ohne Singvögel, Schmetterl­inge und Bienen nicht.

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