Die um den Wolf tanzen
Während um Meister Isegrim wild gerangelt wird, sterben viele Arten ohne Aufsehen.
Die Abschussfreigabe für den „Problemwolf im Tal der Almen“hat den Schlagabtausch um das größte Raubtier in der Hundefamilie wieder neu angefacht. Die Palette der Argumente reicht von romantischer, von Mythen und Märchen umrankter Schwärmerei vom Wohnzimmer aus über mehr oder weniger fundiertes Fachwissen und praktische Erfahrungen bis hin zu wirtschaftlichen Interessen in den Bereichen Landwirtschaft und Tourismus.
Im medialen Schatten dieses Gerangels erleben wir ein Artensterben riesigen Ausmaßes, das unser Leben merklich beeinflussen wird. Unsere Biodiversität, das ist die Vielfalt an Arten und Lebensräumen, die die natürliche Grundlage für unser Leben bildet, nimmt drastisch ab. Die ständig steigende Landverschwendung samt Bodenversiegelung, der Klimawandel und die
Auswirkungen der intensiven Forst- und Landwirtschaft mit Monokulturen, Gülle, Silage und Einsatz von Pestiziden töten fast unbemerkt, aber massenhaft. Denn neben Pflanzen wie Wiesenblumen und Farnen sind zuerst vor allem Insekten betroffen. Die sind zwar unscheinbar, verrichten aber für das Gesamtsystem unverzichtbare Dienste. Unter anderem bestäuben sie Blüten, halten den Boden fruchtbar und bilden die Nahrungsgrundlage für Amphibien, Vögel und kleinere Säugetiere. Und so zieht der Artentod immer weitere Kreise, die schlussendlich auch unser Leben direkt berühren.
Wenn diesem Umstand – medial und politisch – nur halb so viel Aufmerksamkeit geschenkt würde wie dem Wolf und eine diesbezügliche Bewusstseinsbildung erfolgte, wäre der Natur ungleich mehr geholfen. Und um den Kreis zu schließen: Ich kann mir ein Leben ohne Wolf bei uns vorstellen, eines ohne Singvögel, Schmetterlinge und Bienen nicht.