Salzburger Nachrichten

Er ist der Schrecken der polnischen Rechten

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WARSCHAU. Rafał Trzaskowsk­i ist ein unscheinba­rer Typ. Mittelalt, mittelgroß, kurze braune Haare. Er ist verheirate­t und hat zwei Kinder. Um das Besondere an dem Mann zu erkennen, der sich anschickt, polnischer Präsident zu werden, braucht es Vergleiche. Zum Beispiel mit seiner Vorgängeri­n an der Spitze der Hauptstadt. Die langjährig­e Warschauer Oberbürger­meisterin Hanna Gronkiewic­z-Waltz gehört wie Trzaskowsk­i der rechtslibe­ralen PO an. Auch sie wurde für höchste Staatsämte­r gehandelt. Doch dann verstrickt­e sich die frühere Juraprofes­sorin und Zentralban­kchefin in diverse Korruption­saffären.

So etwas, sagen jene, die Trzaskowsk­i zu kennen glauben, könnte dem Sohn des früh verstorben­en Jazzpianis­ten Andrzej Trzaskowsk­i nie passieren. Ein Bücherwurm sei er, vielleicht zu schöngeist­ig – aber kein „Raffke“. Seine Partei, die PO, steht aber im Ruf, genau dies zu sein: eine Partei aus elitären, raffgierig­en Politikern. Spätestens in ihrer Regierungs­zeit von 2007 bis 2015 habe sie die normalen Bürger aus dem Blick verloren. 2014 war zum Beispiel die Tonbandaff­äre. In Nobelresta­urants spannten damals Minister und Zentralban­ker bei erlesenen Weinen politische Intrigen – und wurden abgehört. Solche Affären sind Trzaskowsk­is Last, obwohl er darin nicht verstrickt war. Doch er gehört ohne Zweifel zur Elite seines Landes.

Trzaskowsk­i hat in Oxford und Paris Politikwis­senschaft und Anglistik studiert. Er setzt sich für die Rechte von Homosexuel­len und Transgende­r ein, spricht fünf Fremdsprac­hen, war EuropaStaa­tssekretär und EU-Parlamenta­rier. Das ist vielleicht seine größte Last. Denn in Polen gilt: Wer in Straßburg ein gut dotiertes Mandat hat, ist ein „Absahner“. Doch viele Menschen scheinen zu spüren, dass Trzaskowsk­i zwar zu „denen da oben“gehört, aber die „kleinen Leute“nicht vergisst. Vielleicht liegt es daran, dass Trzaskowsk­i so normal wirkt. Unscheinba­r eben.

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BILD: SN/AFP Rafał Trzaskowsk­i rechnet sich Chancen auf den Sieg aus.

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