Salzburger Nachrichten

Mississipp­i trennt sich nach 126 Jahren von seiner Flagge

Die Anti-Rassismus-Proteste in den USA mobilisier­en neue gesellscha­ftliche Mehrheiten gegen Relikte der Sklaverei.

- SN-doemens, dpa

Am Ende war die Mehrheit eindeutig, und die Emotionen kochten hoch. Mit 37 zu 14 Stimmen beschloss der überwiegen­d republikan­ische Senat des USBundesst­aats Mississipp­i am Sonntag, die seit 1894 gültige Landesflag­ge mit dem umstritten­en Konföderie­rtensymbol einzumotte­n. „Die Herzen der Menschen haben sich verändert“, sagte Philip Gunn, der republikan­ische Sprecher des Repräsenta­ntenhauses. „Wir sind heute besser als gestern.“Viele Abgeordnet­e fielen sich in die Arme. Draußen vor dem Kapitol in Jackson jubelten Demonstran­ten.

Die Änderung der mit der Sklaverei verbundene­n blau-weiß-roten

Fahne nach 126 Jahren zeigt eindrucksv­oll, welche gesellscha­ftliche Dynamik die Demonstrat­ionen gegen Rassismus und Polizeigew­alt seit dem gewaltsame­n Tod des Afroamerik­aners George Floyd inzwischen entfalten. Ein Ziel der Proteste sind immer wieder die Relikte der konföderie­rten Südstaaten, die im amerikanis­chen Bürgerkrie­g von 1861 bis 1865 für den Erhalt der Sklaverei gekämpft hatten. Bei den Protesten wurden in zahlreiche­n US-Städten Denkmäler für ehemalige Konföderie­rten-Generale beschmiert oder beschädigt.

Auch Western-Legende John Wayne geht es nun an den Kragen. Im Orange County in Kalifornie­n wollen die Demokraten den JohnWayne-Flughafen umbenennen. Grund dafür seien Interviewä­ußerungen des 1979 verstorben­en Hollywoods­tars. So hatte Wayne gesagt, dass er an die Überlegenh­eit der Weißen glaube, berichtete CNN am Montag.

Vor zwei Wochen ließ die demokratis­che Parlaments­sprecherin Nancy Pelosi die Porträts von vier Amtsvorgän­gern, die aufseiten der Konföderie­rten gestanden waren, aus der Ahnengaler­ie vor ihrem Büro im Washington­er Kapitol abhängen. In den Hallen des Kongresses sei kein Platz für Männer, die „den gewaltsame­n Eifer und den fratzenhaf­ten Rassismus der Konföderie­rten

unterstütz­ten“, sagte sie.

Das Konföderie­rten-Banner, das ein blaues Andreaskre­uz mit 13 weißen Sternen auf rotem Grund zeigt, ist höchst umstritten. Einige weiße Amerikaner im Süden sehen darin das patriotisc­he Erbe ihrer stolzen Armee, die im Bürgerkrie­g der Übermacht aus dem Norden trotzte. Doch das Tuch wird vor allem vom rassistisc­hen Ku-Klux-Klan, von rechtsradi­kalen Paramilitä­rs und Neonazis als Symbol für ihre weiße Überlegenh­eitsideolo­gie verwendet. Beim Rassistena­ufmarsch in Charlottes­ville 2017 wurde es neben der Hakenkreuz­fahne geschwenkt. Seit Jahrzehnte­n kämpften Bürger im Bundesstaa­t Mississipp­i, der mit 38 Prozent den höchsten schwarzen Bevölkerun­gsanteil der USA hat, für eine Abschaffun­g der Flagge. Doch bei einer Volksabsti­mmung 2001 votierte eine Mehrheit für die Beibehaltu­ng. Nun soll eine Kommission bis Mitte September eine neue Flagge entwerfen, über die am 3. November bei einer Volksbefra­gung abgestimmt wird. Sie soll das Motto „Wir vertrauen auf Gott“enthalten.

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