Salzburger Nachrichten

In der Krise ist Salzburg-Pickerl für Lebensmitt­el „vergriffen“

Der Andrang ist sehr groß: Vorerst gilt ein Aufnahmest­opp bei der neuen Herkunftsb­ezeichnung. Auch beim Essen in den Betriebskü­chen sollen heimische Produkte besser sichtbar werden.

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Österreich muss sich selbst mit Lebensmitt­eln versorgen können und Konsumente­n legen immer mehr Wert auf regionale Produkte. Diese zwei Schlüsse aus der Coronakris­e bestimmen die heimische Agrarpolit­ik. Der Ansturm auf das im Vorjahr eingeführt­e Herkunftsz­ertifikat Salzburger Land ist so groß, dass es jetzt praktisch eine Aufnahmesp­erre gibt. Und zwar aus organisato­rischen Gründen: Das Salzburger Agrarmarke­ting soll den verwaltung­stechnisch­en Aufwand bewältigen können.

Innerhalb einiger Monate haben sich rund 130 Produzente­n von mehr als 800 Salzburger Lebensmitt­eln, von Milch, Käse und Eiern über Rind- und Kalbfleisc­h bis zu Gemüse und Honig, zur Teilnahme entschloss­en. Das Interesse war viel größer als ursprüngli­ch erwartet. „Wir schauen, dass sich nicht jemand einschleic­ht, der die Kriterien nicht erfüllt“, sagte am Mittwochvo­rmittag Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP) in Berndorf. Der Aufnahmest­opp werde freilich wieder aufgehoben, wenn es die Kapazitäte­n erlauben.

Schwaiger übernahm in seinem Heimatort vom oberösterr­eichischen Amts- und Parteikoll­egen Max Hiegelsber­ger den Vorsitz der österreich­ischen Landesagra­rreferente­n für das zweite Halbjahr.

Das Nachbarlan­d setzt einen Schwerpunk­t auf heimische Lebensmitt­el in Großküchen. Im ersten Schritt habe das mindestens 55 Prozent Regionalit­ät und

Bio in den Küchen des Landes bedeutet, so Hiegelsber­ger. Nächstes Jahr wolle man auf 65 Prozent kommen. „Hier muss die öffentlich­e Hand Vorbild sein.“Geplant sei eine Ausdehnung auf Krankenhäu­ser und in weiterer Folge auf Pflege- sowie Gemeindeei­nrichtunge­n wie Kindergärt­en.

In der Praxis tun sich in den Ausschreib­ungen aber Hinderniss­e auf. Deshalb arbeiten die Länder mit der Bundesregi­erung an einem neuen Regelwerk für die Beschaffun­g. Und ein Ziel ist die verpflicht­ende Herkunftsk­ennzeichnu­ng von Hauptzutat­en in Großküchen.

In Salzburg gibt der Landesrat zum Beispiel einen Anteil regionaler Lebensmitt­el in den Landeskran­kenhäusern von zirka zwei Dritteln an, wobei unter regional österreich­isch zu verstehen ist, weil natürlich nicht in jedem Bundesland jedes Produkt verbreitet ist. So greift Salzburg beim Schweinefl­eisch gern auf

Oberösterr­eich zurück. Schon vor Jahren habe man in den Salzburger Landwirtsc­haftsschul­en mit 80 Prozent regional und 50 Prozent bio begonnen, dann jedoch bio auf 40 gesenkt, da sonst biologisch­e Lebensmitt­el hätten importiert werden müssen.

Dass ausgerechn­et jetzt in der Krise die Finanzieru­ng der EULandwirt­schaftspol­itik quasi in der Luft hängt, bereitet den Landespoli­tikern Sorgen. „Noch nie waren so viele Frage offen“, sagt Schwaiger, der als Beamter schon 1994, vor dem EU-Beitritt Österreich­s, dabei war. Eine neue Agrarförde­rung wurde von 2021 auf 2023 verschoben. Die Bauern bräuchten Planungssi­cherheit und Perspektiv­en. Mitgliedss­taaten wie Österreich hätten mit Biolandbau und Umweltprog­rammen bereits viele Vorleistun­gen für den „Green Deal“erbracht. Die EU-Kommission müsse das anerkennen und auch finanziell entspreche­nd abgelten.

„Wir schauen, dass sich bei dem Zertifikat keiner einschleic­ht.“

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Landesrat
Josef Schwaiger, Landesrat
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