Salzburger Nachrichten

Die Landeshaup­tleute sind die wahren Bundesräte

Offiziell gibt es die Konferenz der Landeshaup­tleute gar nicht. In Wahrheit verkörpert sie die Macht der Länder.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Seit 1. Juli ist der Salzburger Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer ein halbes Jahr lang Vorsitzend­er einer der eigenartig­sten politische­n Organisati­onen Österreich­s. Auf dem Papier existiert das Gremium gar nicht, die Sitzungen finden immer hinter verschloss­enen Türen statt, alle Beschlüsse dürfen nur einstimmig gefasst, aber niemals veröffentl­icht werden. Die illustre Tafelrunde ist in der Verfassung nicht vorgesehen, entfaltet aber in der Realität enorme politische Wirkung. Die Rede ist von der Landeshaup­tleutekonf­erenz, die neben dem offizielle­n Bundesrat die inoffiziel­le, aber eigentlich­e Länderkamm­er Österreich­s ist.

Die mächtigen Landeshaup­tleute bleiben in diesem Format gern unter sich. Einzelne Versuche der früheren regionalen Regierungs­vorsitzend­en Josef Pühringer und Gabi Burgstalle­r, die Medien zumindest am Rande solcher Tagungen zuzulassen, wurden rasch wieder abgedreht. Schon damals wollten sich mächtige Männer wie Erwin Pröll oder Michael Häupl nicht in die Karten schauen lassen.

Warum sich Österreich einen relativ zahnlosen Bundesrat als offizielle Vertretung der Länderinte­ressen beim Bund leistet und gleichzeit­ig ein nicht amtliches Organ namens Landeshaup­tleutekonf­erenz, ist nicht klar. Diese Frage hat zahlreiche Ansätze zu einer überfällig­en Reform des Bundesstaa­ts unbeantwor­tet überlebt.

Ein Blick nach Deutschlan­d könnte uns weiterhelf­en. Erstens ist dort der Bundesrat tatsächlic­h eine mächtige Institutio­n. Er kann alle Bundesgese­tze nicht nur bremsen, so wie in Österreich, sondern tatsächlic­h verhindern. Zweitens haben die Ministerpr­äsidenten der Länder im Bundesrat Sitz und Stimme. Damit ist die Position der Bundesländ­er im ständigen Gerangel mit Berlin eine ganz andere als bei uns.

In der Vergangenh­eit sind alle Versuche gescheiter­t, den Bundesrat aufzuwerte­n und die Landeshaup­tleutekonf­erenz entweder zu „legalisier­en“oder in den Bundesrat zu integriere­n und diesen damit zu stärken. Irgendjema­nd war immer dagegen. Jetzt startet Salzburg einen neuen Versuch der Aufgabenre­form zwischen Bund und Ländern.

Wie wichtig die reibungslo­se Zusammenar­beit und die klare Verteilung der Zuständigk­eiten zwischen Bund und Ländern sind, zeigt uns die aktuelle Krise. Vieles funktionie­rt, vieles aber auch nicht. Es geht beim Thema Kompetenze­n zwischen den Machtebene­n also nicht um die Befriedigu­ng politische­r Eitelkeite­n, sondern um eine Notwendigk­eit.

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